Rz. 31
Die Anerkennung der im Ausland gegründeten Kapitalgesellschaft als juristische Person – einschließlich ihrer Rechtsfähigkeit – ist die bedeutendste Rechtsfolge, die sich aus dem Gesellschaftsstatut ergibt. Darüber hinaus regelt das Gesellschaftsstatut aber auch sämtliche Voraussetzungen für die Gründung der Gesellschaft, ihre Kapitalisierung, die interne Organisation einschließlich der Gesellschaftsorgane, ihrer Bestellung, Abberufung und Kompetenzen, der Haftung und Haftungsbegrenzung nach Außen, der Liquidation etc.
Rz. 32
Die schwierigsten Probleme bei der Zuordnung gewisser Rechtsfragen zum Gesellschaftsstatut ergeben sich dann, wenn diese auch den Regelungsbereich anderer Kollisionsnormen berühren. So stellt sich etwa bei der Eigenhaftung des Geschäftsführers einer GmbH die Frage, ob diese dem für die Organstellung maßgeblichen Gesellschaftsstatut oder dem für die deliktische Haftung maßgeblichen Deliktsstatut unterliegt. Auch bei der Haftung wegen Insolvenzverschleppung treten Schwierigkeiten auf. Sie steht im Spannungsfeld von Gesellschaftsstatut und Insolvenzstatut.
Diese Abgrenzungsfragen (Qualifikation) haben in Deutschland früher keine Rolle gespielt, denn die Sitztheorie stellte sicher, dass das Gesellschaftsstatut mit dem Rechtssystem in Einklang stand, in dessen Geltungsbereich die Gesellschaft agierte und dem die wichtigsten Rechtsbeziehungen unterlagen. Die Lit. und Praxis interpretierten den Geltungsbereich des Gesellschaftsstatuts zudem weit, was die Rechtsanwendung erleichterte, den Beteiligten – insb. den betroffenen Gesellschaften – Sicherheit verschaffte und der Schutzfunktion der Sitztheorie zu einer weit reichenden Wirkung verhalf.