Rz. 92
In ähnlicher Weise ist auch das Verhältnis von Gesellschaftsstatut und Güterstatut zu bestimmen. Mit Blick auf das Letztgenannte ist zu beachten, dass am 24.6.2016 die Verordnung (EU) 2016/1103 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands verabschiedet wurde. Gleichzeitig wurde mit der Verordnung (EU) 2016/1104 in einem Parallelrechtsakt eine Verordnung über die güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften erlassen. Beide Verordnungen sind am 28.7.2016 in Kraft getreten (Art. 70 Abs. 1 EUGüVO und Art. 70 Abs. 1 EUPartVO) und seit dem 29.1.2019 anwendbar (Art. 69 Abs. 1 EUGüVO und Art. 69 Abs. 1 EUPartVO).
Aus dem Güterstatut ergibt sich z.B., ob die Vermögen der Eheleute getrennt bleiben oder ob die Vermögen und ggf. welche Teile des Vermögens gemeinschaftliches Vermögen der Eheleute werden. Dadurch wird v. a. geregelt, auf welche Weise ihnen das Vermögen zusteht, in welcher Weise sie dieses verwalten und wie sie darüber verfügen können. Insoweit gilt das Güterstatut also für die Frage, ob der Gesellschaftsanteil dem verheirateten Gründer allein zusteht oder in die Gütergemeinschaft fällt und ob er hierüber allein verfügen kann. Weltweit am weitesten verbreitet ist die sog. Errungenschaftsgemeinschaft, bei der das Vermögen, welches die Eheleute nach der Eheschließung entgeltlich erwerben, in die Gütergemeinschaft fällt.
Rz. 93
Hierbei wird man die Frage, ob ein Geschäftsanteil bei Gründung der Gesellschaft oder bei derivativem Erwerb durch einen verheirateten Gesellschafter bzw. bei Begründung des Güterstands durch den Gesellschafter in die eheliche Gütergemeinschaft fallen soll, güterrechtlich zu qualifizieren haben. So gibt es einige Rechtsordnungen, die das dem Erwerbsgeschäft eines Ehegatten dienende Vermögen, einschließlich der Anteile an einer entsprechenden Kapitalgesellschaft, von der ehelichen Gütergemeinschaft generell ausnehmen. Zieht dagegen das maßgebliche Güterrecht auch den Geschäftsanteil in die Gütergemeinschaft, entscheidet das Gesellschaftsstatut darüber, ob der Anteil "gemeinschaftstauglich" ist, also die eheliche Gesamthand überhaupt duldet. Bei einem Anteil an einer deutschen OHG oder KG wäre dies bspw. nicht der Fall, da das deutsche Recht eine gesamthänderische Beteiligung an dem Anteil an einer Personengesellschaft nicht anerkennt. Die Anteile fallen daher in das Sondergut der Ehegatten. Bei einem Geschäftsanteil an einer deutschen GmbH ist dagegen davon auszugehen, dass dieser Gegenstand der Gütergemeinschaft sein kann. Ob die Gesellschafter diese Zuordnung schon dadurch ändern können, dass sie den Anteil vinkulieren, ist umstritten.