Rz. 26
Eine Reihe von bilateralen Handels- und Niederlassungsabkommen der BRD enthalten Vorschriften, aus denen sich die Verpflichtung zur Anerkennung im anderen Abkommensstaat gegründeter Gesellschaften ergibt. Sie sind – soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind – vorrangig vor den nationalen "autonomen" kollisionsrechtlichen Regelungen zu beachten (Art. 3 Nr. 2 EGBGB).
Praktisch wichtigster Fall ist Art. XXV Abs. 5 des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29.10.1954 mit den USA:
Zitat
Artikel XXV
(5) Der Ausdruck "Gesellschaften" in diesem Vertrag bedeutet Handelsgesellschaften, Teilhaberschaften sowie sonstige Gesellschaften, Vereinigungen und juristische Personen; dabei ist es unerheblich, ob ihre Haftung beschränkt oder nicht beschränkt und ob ihre Tätigkeit auf Gewinn oder nicht auf Gewinn gerichtet ist. Gesellschaften, die gem. den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, gelten als Gesellschaften dieses Vertragsteils; ihr rechtlicher Status wird in dem Gebiet des anderen Vertragsteils anerkannt.
Rz. 27
In einem Staat der USA errichtete Gesellschaften sind also in Deutschland auf der Basis der Gründungstheorie anzuerkennen. Bezweifelt wird das für den Fall, dass die Gesellschaft keine effektiven Beziehungen zu den USA unterhält, sondern sämtliche Aktivitäten im Inland entfaltet. Teilweise wurde insoweit ein sog. genuine link zum Gründungsstaat gefordert. Es ist allerdings umstritten, ob sich dieses bislang vom Internationalen Gerichtshof einmalig – nämlich im Fall "Nottebohm" – eingesetzte Argument überhaupt verallgemeinern und auf den Bereich des Gesellschaftsrechts übertragen lässt. In der Lit. wird dies mit guten Gründen überwiegend abgelehnt. Darüber hinaus dürfte diesem Kriterium keine praktische Bedeutung zukommen. Um nicht schon die Sitztheorie durch die Hintertür wieder einzuführen, müssen für das Vorliegen eines genuine link schon untergeordnete faktische Beziehungen zum Gründungsstaat genügen. Schon um ihre Löschung im Gründungsstaat zu verhindern, muss eine Kapitalgesellschaft – jedenfalls in den USA – im Gründungsstaat immer einige Aufgaben erfüllen: So muss sie dort ihren statutarischen Sitz nehmen, die Registrierung im Handelsregister aufrechterhalten, eine Zustelladresse vorweisen, Steuererklärungen abgeben und eine Person als registered agent beschäftigen. Eine fehlende Verbindung zum Gründungsstaat ist daher praktisch kaum vorstellbar.