a) Unfallbedingte, dauerhafte Beeinträchtigung
Rz. 187
Die Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Funktionsfähigkeit bzw. der Arbeitsfähigkeit muss dauerhaft sein. Dauerhaft ist eine Beeinträchtigung, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustands nicht zu erwarten ist, Ziff. 2.1.1.1 AUB 2020/2014. Das war nicht immer in den AUB festgeschrieben und so entwickelte sich das Verständnis, dass eine Beeinträchtigung dauerhaft ist, wenn feststeht, dass die Beeinträchtigung lebenslang andauern wird, oder dies nach dem objektiven Erfahrungs- und Wissensstand im Zeitpunkt der abschließend maßgebenden ärztlichen Beurteilung zu erwarten ist.
Rz. 188
Es sind nur solche Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die innerhalb der Eintrittsfrist eingetreten sind. Bisher waren dies 12 Monate, nun 15 Monate in den AUB 2020/2014, andere Fristen sind bei den VR aber möglich. Die bloße Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit einer dauerhaften Schädigung genügt für den Nachweis einer dauerhaften Beeinträchtigung nicht. Die ärztliche Prognose muss klarstellen, dass eine Änderung der unfallbedingten Beeinträchtigung nicht zu erwarten ist. Der Hinweis auf spätere Untersuchungen reicht nicht.
Rz. 189
Strittig ist auch die Frage des Vergleichsmaßstabs für die Ermittlung der dauernden Beeinträchtigung. § 180 VVG lässt diese Fragestellung offen. Die h.M. stellt auf einen Vergleich der Leistungsfähigkeit der VP mit der Leistungsfähigkeit eines gesunden "Durchschnittsmenschen" gleichen Alters und Geschlechts ab. Die Gegenmeinung legt einen subjektiven Maßstab an. Praxisgerecht wird man beide Ansichten dergestalt kombinieren müssen, dass der objektive Vergleich mit einem Durchschnittsmenschen als Korrektiv für Zweifelsfälle heranzuziehen ist, bei denen die Beeinträchtigung medizinisch nicht alleine an der VP objektivierbar ist (z.B. durch einen individuellen Seitenvergleich). Die subjektive Beeinträchtigung wird dabei begrenzt durch objektive Kriterien.
b) Fristen
aa) Grundsätzliches
Rz. 190
Im Zusammenhang mit einem möglichen Anspruch auf eine Invaliditätsleistung ist formell die Einhaltung von drei Fristen zu beachten. Diese sind:
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Eintrittsfrist (bisher Jahresfrist) Die Invalidität muss innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eingetreten sein. |
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Ärztliche Feststellung Innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall muss ein Arzt die Invalidität festgestellt haben. |
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Geltendmachung des Invaliditätsanspruchs Innerhalb von 15 Monaten muss die Invalidität beim VR geltend gemacht worden sein. |
Hinweis
Diese grundsätzliche Fristenstruktur mit drei Fristen liegt standardmäßig allen AUB zugrunde. Viele VR bieten geänderte Fristen an mit sehr unterschiedlichen Kombinationen. Die gültigen Bedingungen sind somit stets auf die konkret vereinbarten Fristen hin zu prüfen.
Rz. 191
Galt die Fristenregelung in den AUB 94/88/61 stets als transparent, war dies hinsichtlich der AUB 2008/99 teilweise umstritten. Der BGH sieht die Regelung zu Recht als den Anforderungen an das Transparenzgebot genügend an. Insoweit ist die Fristenregelung in den AUB 2020/2014 auch als transparent anzusehen.
bb) Eintrittsfrist und Frist zur ärztlichen Feststellung (Ziff. 2.1.1.2)
Rz. 192
Die AUB 2020/2014 fassen die beiden Fristen zusammen und legen für beide den Zeitpunkt 15 Monate nach dem Unfalltag fest. Es handelt sich bei beiden Fristen um objektive Anspruchsvoraussetzungen, nicht um entschuldbare Anmeldefristen. Die eine Frist benennt den Zeitpunkt für den Eintritt der Invalidität (Eintrittsfrist), die andere den Zeitpunkt für die ärztliche Feststellung (Frist zur ärztlichen Feststellung).
Rz. 193
Die Eintrittsfrist betrug in früheren Bedingungsgenerationen zwölf Monate, man sprach auch von Jahresfrist. Die Invalidität muss nun mit den AUB 2020/2014 innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eingetreten sein. Nicht erforderlich ist, dass die konkrete Höhe schon abschließend festgestellt werden kann, es muss nur zu einer Invalidität in irgendeinem Umfang gekommen sein. Tritt innerhalb der Eintrittsfrist keine Invalidität ein, so besteht kein Anspruch auf eine Invaliditätsleistung.
Rz. 194
Innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall muss ein Arzt die Invalidität positiv festgestellt haben. Die ärztliche Feststellung der Invalidität muss schriftlich erfolgen, braucht aber nicht richtig zu sein. Dies gilt aber nur dergestalt, dass eine vom Behandler positiv festgestellte Invalidität sich im Rahmen der anschließenden Begutachtung als nicht existent oder unfallfremd erweist. Dies folgt aus der Vorgabe, dass der Arzt eine verbindliche Aussage treffen muss, so dass es nicht ausreichend ist, wenn das Vor...