a) Grundsätzliches
Rz. 106
Es sind solche Unfälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die der VP dadurch zustoßen, dass sie vorsätzlich eine Straftat ausführt oder versucht. Dies ist gerechtfertigt wegen des selbstverschuldeten erhöhten Unfallrisikos, das mit einer vorsätzlichen Straftat regelmäßig verbunden ist, sei es bei Ausführung der Straftat selbst oder bei einer sich anschließenden Flucht.
b) Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes
Rz. 107
Umfasst sind alle Straftaten nach dem geltenden Strafrecht, also nach § 12 StGB (Verbrechen und Vergehen). Zu beachten sind neben dem StGB auch alle strafrechtlichen Nebengesetze, wie z.B. SprengG oder WaffenG. Ordnungswidrigkeiten fallen nicht unter den Risikoausschluss.
Der Ausschluss umfasst Straftaten in Täterschaft, Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe, erforderlich ist aber im Rahmen der Kausalitätsprüfung, dass der Unfall mitursächlich auf einer durch den konkreten Tatbeitrag schuldhaft herbeigeführten Gefahrerhöhung beruht. Es reicht der Versuch. Dies gilt auch für Vergehen, bei denen das Strafrecht den Versuch nicht unter Strafe stellt, da der Ausschluss nicht auf die Strafbarkeit im konkreten Fall abstellt, sondern auf den Versuch einer vorsätzlichen Straftat; das ist gerechtfertigt, weil auch hier eine erhöhte Unfallrisikolage geschaffen wird. Darum greift der Ausschluss auch beim untauglichen Versuch (§ 23 Abs. 3 StGB) und beim strafbefreienden Rücktritt (§ 24 StGB) ein. Auf bloße Vorbereitungshandlungen vor Beginn der Tatbestandshandlung und Wahndelikte ist der Ausschlusstatbestand nicht anwendbar. Andererseits greift der Ausschluss (über die Vollendung des Straftatbestandes hinaus) bis zur Beendigung der Straftat, so dass auch Unfälle vom Ausschluss erfasst werden können, die sich auf der Flucht, bei der Beseitigung von Tatspuren, bei Sicherung des Diebesgutes etc. ereignet haben.
Rz. 108
Auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, die Stellung eines Strafantrages oder gar auf eine strafrechtliche Verurteilung kommt es nicht an, umgekehrt entsteht durch eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung keine Bindungswirkung für das Eingreifen der Ausschlussklausel. Erforderlich sind Vorsatz, die Rechtswidrigkeit, Zurechnungsfähigkeit (h.M.) und das Fehlen von Schuldausschließungsgründen. Ziff. 5.1.2 AUB greift nicht in Fällen der Notwehr, des rechtfertigenden und entschuldigenden Notstandes (§§ 32–35 StGB) oder der Unzurechnungsfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) ein, da es an einer selbstverschuldeten Erhöhung des Unfallrisikos fehlt. Im vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Abs. 1 S. 2 StGB) greift der Risikoausschluss. Ist die VP am Schadentag Jugendlicher, (§ 1 Abs. 2 JGG) erfolgt die Verantwortlichkeitsprüfung nach § 3 JGG.
Rz. 109
Zwischen Unfall und Straftat muss ein adäquater Ursachenzusammenhang bestehen. Die Ausführung der Straftat muss eine erhöhte Gefahrenlage geschaffen haben, die generell geeignet ist, Unfälle der eingetretenen Art herbeizuführen und es muss der dem Delikt eigentümliche Gefahrenbereich für den Schaden ursächlich geworden sein (gefahrtypischer Zusammenhang).
Hinweis
Praxisrelevant ist der Ausschluss insbesondere bei Straßenverkehrsdelikten.
c) Unterschiede in den Bedingungsgenerationen
Rz. 110
Ziff. 5.1.2 AUB 10/08/99 stimmt nahezu wörtlich mit der Regelung des § 2 I (2) AUB 94/88 überein, die ihrerseits weitgehend unverändert die Ausschlussregelung des § 3 (2) AUB 61 übernommen hat.
d) Beweisfragen
Rz. 111
Der VR muss beweisen, dass eine (mindestens bedingt) vorsätzliche Straftat der VP in adäquater und gefahrtypischer Weise den Unfall...