a) Grundsätzliches
Rz. 157
Ausgeschlossen sind Gesundheitsschäden durch Infektionen. Diese zählen als Krankheiten nicht zu den Lebensrisiken im Bereich einer privaten Unfallversicherung. Der Ausschluss wurde in den AUB 2014 anders strukturiert und neu gestaltet. Die AUB 2020 erweitern die genannten Ausnahmen nochmals.
Hinweis
In der Praxis sind in neueren Verträgen überwiegend Sonderbedingungen zu diesem Ausschluss vereinbart. Die Regelungen dieser Sonderbedingungen sind sehr unterschiedlich und bedürfen stets einer genauen Prüfung.
b) Ausgeschlossener Gesundheitsschaden
Rz. 158
Grundsätzlich sind alle Infektionen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Eine Infektion ist die Übertragung, das Haftenbleiben und Eindringen von Mikroorganismen (z.B. Viren, Bakterien, Pilzen, Parasiten) in den menschlichen Körper und die Vermehrung in ihm.
c) Voraussetzungen der Ausnahme
Rz. 159
Für drei Einzelfälle besteht ein Wiedereinschluss. Versichert sind als erstes Tollwut und Wundstarrkrampf, unabhängig vom Übertragungsweg.
Rz. 160
Als zweite Ausnahme sind Infektionen versichert, bei denen die Krankheitserreger durch Unfallverletzungen in den Körper gelangten, die nicht geringfügig sind. Geringfügigkeit wird in Ziff. 5.2.3 AUB 2020/2014 definiert. Danach sind Unfallverletzungen geringfügig, die ohne die Infektion und ihre Folgen keiner ärztlichen Behandlung bedürfen. Diese Definition entspricht der Auslegung der Rechtsprechung. Als geringfügige Verletzungen gelten z.B. Nadelstiche, kleinere Kratz- oder Schnittwunden, die bloß mit einem Pflaster versorgt werden können, Insektenstiche und -bisse.
Rz. 161
Neu in den AUB 2020 als dritte Ausnahme besteht Versicherungsschutz für eine durch einen Zeckenstich übertragene FSME. Eine Infektion mit FSME kann zur Entzündung des Gehirns oder des Rückenmarks führen. Der Erreger lässt sich im Blut feststellen. Andere Übertragungswege sind denkbar, aber unwahrscheinlich.
Rz. 162
Die vierte Ausnahme besteht für Infektionen durch Heilmaßnahmen oder Eingriffe nach Ziff. 5.2.3 S. 2 bis 4, also wenn Heilmaßnahmen oder Eingriffe durch eine unter den Vertrag fallende Unfallverletzung (Ziff. 1.3 und 1.4 AUB) veranlasst waren.
Rz. 163
Hinweis
Die Corona- bzw. Covid-19-Pandemie hat auch in der Unfallversicherung Fragen aufgeworfen, die letztlich aber im Hinblick auf den Ausschlusstatbestand leicht zu beantworten waren: Corona wird über die Atemluft übertragen und ist damit grundsätzlich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, weil die Viren auf einem nicht versicherten Weg in den menschlichen Körper gelangen.
Es gibt allerdings Besondere Bedingungen, die diesen Übertragungsweg nicht ausschließen, und darüber sind dann ggf. doch Personen versichert.
Problematischer sind Impfschäden. Viele VR haben grundsätzlich auch Gesundheitsschäden durch Schutzimpfungen gegen Infektionen in den Versicherungsschutz eingeschlossen. Als solche sind über die Medien insbesondere die Fälle der Sinusvenenthrombose bekannt geworden, die durch einen Impfstoff ausgelöst wurden. Diese Fälle wurden (soweit ersichtlich) auch von den VR anerkannt. Bei anderen behaupteten Impfschäden ist die Situation uneinheitlich. Aktuell sind gerichtliche Verfahren anhängig, ein Urteil wurde bisher soweit ersichtlich noch nicht veröffentlicht.
d) Unterschiede in den Bedingungsgenerationen
Rz. 164
Der Ausschluss von Infektionen und die Wiedereinschlüsse sind in Ziff. 5.2.4 AUB 10/08/99, § 2 II (3) AUB 88/94 und § 2 (2) und (3) AUB 61 inhaltlich vergleichbar geregelt. In Ziff. 5.2.4 AUB 10/08/99 werden ausdrücklich auch Insektenstiche und – bisse genannt. Ebenso wurden bisher auch die Schleimhäute ausdrücklich erwähnt.
§ 2 (2) b AUB 61 schließt auch Wundinfektionen vom Versicherungsschutz ausdrücklich aus.
e) Beweisfragen
Rz. 165
Der VR hat den Ausschluss (Infektion), der VN das schädigende Ereignis und den Wiedereinschluss zu beweisen, also dass die Infektion Folge einer versicherten Unfallverletzung oder einer ihrerseits durch einen Unfall veranlassten Heilmaßnahme war.