Rz. 79

Die Regelungen zur erhöhten Kraftanstrengung der Ziff. 1.4 AUB 10/08/99, § 1 IV AUB 94/88 und § 2 (2) a AUB 61 sind transparent, auslegungsbedürftig und auslegungsfähig.[166] Der Inhalt der Regelung ist nach Wortlaut und Sinnzusammenhang aus Sicht eines verständigen durchschnittlichen VN hinreichend bestimmt.

Danach liegt eine erhöhte Kraftanstrengung vor, wenn der (biomechanisch) zum Gesundheitsschaden führende Bewegungsablauf unter Berücksichtigung der körperlichen Konstitution der VP über die alltäglichen und üblichen Krafteinwirkungen auf die versicherte Gewebestruktur (Muskel, Sehne, Band, Kapsel und Gelenk) im Sinne einer besonderen Belastung (punktuelle Spitzenbelastung) hinausgeht.[167]

Der Begriff der erhöhten Kraftanstrengung ist nicht "konturenlos". Dennoch werden sich bei der Auslegung im Einzelfall gelegentlich Schwierigkeiten ergeben. Hier ist eine genaue Analyse des Schadenhergangs entscheidend.

 

Hinweis

Umstritten ist die Frage, ob eine Kraftanstrengung auch in der Vielzahl aneinander gereihter normaler Kraftanstrengungen gesehen werden kann, selbst wenn sie längere Zeit andauern. Dies ist abzulehnen, da als Erhöhung ein konkret verstärkter und nicht ein schlicht zeitlich verlängerter normaler Krafteinsatz zu verstehen ist.[168] Denn richtigerweise ist für das Vorliegen der Unfallfiktion auf eine einzelne Kraftanstrengung abzustellen, was letztlich auch der Wortlaut der Bedingungen ("einer" Kraftanstrengung) nahelegt.[169]

 

Rz. 80

§ 2 (2) a) AUB 61 ist weiter gefasst als in späteren Bedingungswerken. So ist z.B. ein Meniskusriss[170] als Zerreißung an einer Gliedmaße grundsätzlich versichert.[171]

[166] Zur Transparenzdiskussion früherer AUB grundlegend Naumann/Brinkmann, zfs 2012, 69; zustimmend Grimm, Ziff. 1 Rn 53; Jacob, Ziff. 1 Rn 23; a.A. Marlow/Tschersich, r+s 2011, 367, die eine Intransparenz sehen.
[167] Naumann/Brinkmann, zfs 2012, 69 m.w.N.
[168] Marlow/Tschersich, r+s 2011, 367 sehen das Argument, dass eine Verlängerung nicht mit einer Erhöhung gleichgesetzt werden kann, als nicht zwingend an.
[169] Bruck/Möller-Leverenz, AUB 2008 Ziff. 1 Rn 57, der dies aber als Abgrenzungskriterium bei der Kausalität sieht.
[170] LG Köln v. 13.1.1988 – 24 O 173/87, VersR 1988, 462.
[171] Naumann/Brinkmann, § 5 Rn 58 m.w.N.

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