1. Grundsätzliches
Rz. 262
Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf die gesundheitlichen Folgen eines konkreten Unfallereignisses. Andere Gesundheitsbeeinträchtigungen sollen nicht entschädigt werden. Liegen unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsschäden vor, so entsteht grundsätzlich nur für den unfallbedingten Anteil ein Leistungsanspruch. Ziff. 3 AUB 2020/2014 wurde gegenüber Ziff. 3 AUB 10/08/99 sprachlich verändert und neu gegliedert. Inhaltlich wurde die bisherige Regelung beibehalten.
Erfasst ist eine Mitwirkung sowohl bei der Entstehung als auch bei den Folgen der Gesundheitsschädigung.
Rz. 263
Krankheiten und Gebrechen sind keine sich ausschließenden Begriffe, sie bilden eine Einheit. Eine Krankheit ist eine Störung der Lebensvorgänge in Organen oder im gesamten Organismus mit der Folge von subjektiv empfundenen bzw. objektiv feststellbaren körperlichen, geistigen bzw. seelischen Veränderungen. Eine Krankheit ist ein anormaler geistiger oder körperlicher Zustand des Versicherten. Entscheidend ist der objektiv vorhandene und ärztlich festgestellte Körperzustand, egal ob der VN davon Kenntnis besitzt oder die VP sich krank fühlt.
Rz. 264
Unter Gebrechen versteht man einen dauernd abnormen Gesundheitszustand, der eine einwandfreie Ausübung der normalen Körperfunktionen (teilweise) nicht mehr zulässt. Eine konstitutionelle Schwäche oder eine erhöhte Krankheitsdisposition stellen für sich keine Gebrechen dar.
2. Klinisch stumme Krankheiten und Gebrechen
Rz. 265
Vielfach verlaufen Krankheiten oder Gebrechen bis zum Unfallereignis beschwerdefrei und sind der VP nicht bewusst. Erst nach dem Unfallereignis lösen sie Beschwerden aus oder werden anlässlich der Untersuchungen erst festgestellt. Die Beschwerdefreiheit der VP vor dem Unfall steht einer Berücksichtigung der Krankheit bzw. des Gebrechens im Rahmen der AUB nicht entgegen. Dies ist insbesondere bei verschleißbedingten Sehnenrissen praxisrelevant, deren Veränderungen von außen nicht sichtbar und auch nicht schmerzhaft sind. Diesen unbemerkten Zustand bezeichnet man auch als klinisch stummen Verlauf einer Krankheit. Erst bei der Behandlung eines Sehnenrisses kann sich zeigen, ob bzw. in welchem Umfang die Sehne vorgeschädigt war.
Auch eine klinisch stumm verlaufende Vorschädigung des Knies ist als Gebrechen zu werten. Eine spürbare Beeinträchtigung ist nicht erforderlich. Eine bislang klinisch stumm verlaufene degenerative Veränderung, die außerhalb der medizinischen Norm liegt, stellt dann ein Gebrechen dar, wenn sie zur Verstärkung der Folgen des Unfalls beiträgt.
Rz. 266
Sehnenschäden werden häufig als Unfallfolge geltend gemacht. Zur Prüfung ist der konkrete Verletzungsmechanismus wichtig. So kann eine direkte Gewalteinwirkung auf die angespannte Achillessehne diese durchtrennen, während bei einer Kontinuitätsdurchtrennung der Rotatorenmanschette ein direkter Sturz auf die Schulter regelmäßig als Ursache ausscheidet, sofern keine Begleitverletzungen vorliegen.
Eine Kraftanstrengung ist in der Regel kein geeigneter Verletzungsmechanismus, um eine gesunde Sehne zu zerreißen. Wichtig sind die Ergebnisse der feingeweblichen Untersuchung (histologischer Befund).
3. Altersentsprechender Verschleiß
Rz. 267
Bei Krankheiten und Gebrechen ist auf den altersentsprechenden Normalzustand abzustellen, nicht auf einen abstrakten Idealzustand. Altersentsprechender Verschleiß gilt somit nicht als Krankheit oder Gebrechen. Eine Mitwirkung ist also nur dann zu berücksichtigen, wenn die unfallfremde gesundheitliche Beeinträchtigung über die altersentsprechende Norm hinausgeht.
Zu unterscheiden bleibt der altersentsprechende Verschleiß vom belastungsentsprechenden Verschleiß. Gerade die erhöhte Belastung von Gliedmaßen bei bestimmten sich regelmäßig wiederholenden Tätigkeiten kann zu einem über die Altersnorm hinausgehenden Verschleiß führen, der im Rahmen der Mitwirkungsregelung leistungskürzend zu berücksichtigen ist.
4. Bestimmung des Mitwirkungsfaktors
Rz. 268
Entscheidend für die Ermittlung des konkret...