Rz. 134
Für das Verständnis der Klauseln zu ausgeschlossenen Gesundheitsschäden ist eine Einteilung hilfreich:
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Gesundheitsschäden aus bestimmten Ursachen (Strahlen, Heilmaßnahmen, Infektionen, Vergiftungen) werden wegen der erhöhten Gefahrenlagen gegenüber den allgemeinen Unfallrisiken des täglichen Lebens ausgeschlossen. |
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Gesundheitsschäden im Grenzbereich zwischen Unfall und krankhaften oder degenerativen Körperzuständen (Bauch- und Unterleibsbrüche, Bandscheibenschädigungen, Blutungen aus inneren Organen, Gehirnblutungen) sind wegen in der Praxis nur schwer lösbaren Beweisproblemen ausgeschlossen; ähnlich ist es beim Sonderfall der psychischen Reaktionen. |
1. Bandscheibenschädigungen, Blutungen innerer Organe – Gehirnblutungen (Ziff. 5.2.1)
a) Grundsätzliches
Rz. 135
Bandscheibenschädigungen, Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen sind Gesundheitsschäden, die regelmäßig auch ohne traumatische Ursache auftreten. Da die Unfallversicherung aber nur für Unfallfolgen einstehen soll, sind diese Gesundheitsschäden nur als Ausnahme vom Versicherungsschutz umfasst.
Der Ausschlusstatbestand der Ziff. 5.2.1 AUB 2020/2014 ist wortgleich mit dem der Vorgänger-AUB. Der Wiedereinschluss (Ausnahme) wurde sprachlich und optisch verändert und damit übersichtlicher und verständlicher, ohne den Regelungsinhalt zu verändern. Die Regelung ist transparent.
b) Ausgeschlossener Gesundheitsschaden
Rz. 136
Der Versicherungsschutz ist bei Schädigungen an Bandscheiben ausgeschlossen. Die Regelung ist wirksam und umfasst nicht nur Schäden an der Bandscheibe selber, sondern auch die dadurch ausgelösten weiteren Störungen, wie z.B. Lähmungen.
Rz. 137
Blutungen aus inneren Organen sind von Blutungen durch äußere Verletzungen abzugrenzen und finden im Körperinneren statt, wobei sie auch äußerlich in Erscheinung treten können.
Rz. 138
Gehirnblutungen sind von oberflächlichen Kopfwunden, also Verletzungen außerhalb des Schädelknochens zu unterscheiden. Es gibt verschiedene Arten von und Ursachen für Hirnblutungen. Versichert sein sollen traumatisch entstandene Hirnblutungen, nicht versichert sind sog. spontane Hirnblutungen, für die auch Tumore, Bluthochdruck, Gerinnungsstörungen, Gefäßmissbildungen (z.B. Aneurysma) und Hirninfarkte als Auslöser in Betracht kommen.
c) Voraussetzungen der Ausnahme
Rz. 139
Die Ausnahme greift dann ein, wenn die Gesundheitsschädigung durch ein Unfallereignis nach Ziff. 1.3 überwiegend (zu mehr als 50 %) verursacht wurde und für das Unfallereignis Versicherungsschutz bestand. Vom Wiedereinschluss nicht erfasst ist die Verursachung durch eine erhöhte Kraftanstrengung (Ziff. 1.4.1).
Rz. 140
Bei Bandscheibenschäden ist zur Feststellung der überwiegenden Verursachung zu prüfen, ob eine erhebliche Kraftentfaltung auf die betroffene Stelle der Wirbelsäule stattgefunden hat. Fehlt eine solche Gewalteinwirkung mit äußeren Verletzungen oder Frakturen, so liegt erfahrungsgemäß keine überwiegende Ursache für die Bandscheibenschädigung vor. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen degenerative Veränderungen am fraglichen Wirbelsäulensegment nachgewiesen sind. Der bestehende unfallfremde Verursachungsanteil ist voll zu berücksichtigen, also auch eine altersentsprechende Degeneration. Kann der Bandscheibenschaden bereits aufgrund der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne erhebliche traumatische Einwirkung entstanden sein, dann fehlt es an einer überwiegenden Ursache.
Hinweis
Überwiegend traumatisch bedingte Bandscheibenvorfälle sind sehr selten. Sie setzen nach medizinischer Erfahrung ein eindrucksvolles und dramatisches Geschehen voraus, welches regelmäßig erhebliche Begleitverletzungen zur Folge hat, wie z.B. Wirbelbrüche. Ohne Begleitverletzung spricht man von einem isolierten Bandscheibenvorfall, bei dem regelmäßig der Ausschluss eingreift.
Rz. 141
Für Blutungen innerer Organe und Hirnblutungen ist genauso zu prüfen, ob die äußerliche Gewalteinwirkung geeignet war, den Schaden zu mehr als 50 % zu verursachen. Auch hier ist die Ausnahme zu verneinen, wenn die Gesundheitsschädigung auch ohne erhebliche traumatische Einwirkung entstanden sein kann.
Rz. 142
Beispiel für fehlenden Versicherungsschutz
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Beim Anheben einer Mörtelwanne zog sich der VN einen Bandscheibenvorfall zu. |
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Die VP stolpert, fällt auf ihr Gesäß und zieht sich einen Bandscheibenvorfall zu. Ein Unfall liegt vor, ist aber nicht überwiegende Ursache des Bandscheibenvorfalls. |
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Kommt es bei einer VP mit vorbestehendem Aneurysma nach einer leichten Unfalleinwirkung zu einer Hirnblutung, dann liegt keine überwiegend unfallbedingte Schädigung vor. |