1. Grundsätzliches
Rz. 223
Die Übergangsleistung ist in den AUB 2020 nicht mehr aufgeführt, wird von den VR aber weiter angeboten. Üblicherweise ist im Falle der Vereinbarung einer Übergangsleistung diese wirtschaftlich bedeutsam und soll deshalb hier besprochen werden.
Die Leistungsart ist als Summenversicherung ausgestaltet und wird im Sinne des Alles-oder-Nichts-Prinzips vollständig gezahlt, wenn die Mindestbeeinträchtigung erreicht oder überschritten ist.
2. Voraussetzung der Leistung
a) Beeinträchtigung (Ziff. 2.3.1.1 AUB 2014)
Rz. 224
Die VP muss unfallbedingt im beruflichen oder außerberuflichen Bereich, ohne Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen zu mindestens 50 % in ihrer normalen körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sein und die Beeinträchtigung muss vom Unfalltag an gerechnet ununterbrochen mehr als sechs Monate bestehen. Ist die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, ist auf die konkrete Beschäftigung der VP vor dem Unfall abzustellen; bei der Beeinträchtigung im außerberuflichen Bereich kommt es auf die allgemeine Leistungsfähigkeit der VP an.
Rz. 225
Es ist Anspruchsvoraussetzung, dass die Beeinträchtigung ohne Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen die maßgebliche Schwelle erreichen muss. Damit ist eine eigenständige Mitwirkungsregel für die Übergangsleistung formuliert, womit eine Kürzung nach Ziff. 3 AUB 2014 ausscheidet.
Maßgeblicher Beginn ist der Unfalltag. Zum Unfallbegriff zählt auch die Gesundheitsschädigung, weshalb eine zeitlich nah am Tag des eigentlichen Geschehens beginnende Beeinträchtigung der normalen körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit bzw. der Arbeitsfähigkeit genügt. Bei einem mehraktigen oder gedehnten Unfall beginnt der 6-Monatszeitraum mit Eintritt der Gesundheitsschädigung.
Die Beeinträchtigung muss ununterbrochen mindestens 50 % betragen. Bei auch nur kurzzeitigen Schwankungen unterhalb der 50 %, entsteht der Anspruch auf Übergangsleistung nicht. Als Unterbrechung gilt auch, wenn nicht sofort, sondern erst später eine mindestens 50 %-ige Beeinträchtigung erreicht wird. Das ist anzunehmen, wenn die VP zunächst weiter arbeiten geht.
b) Fristgerechte Anmeldung (Ziff. 2.3.1.1 AUB 2014)
Rz. 226
Der Anspruch muss innerhalb von sieben Monaten nach dem Unfall durch ein ärztliches Attest geltend gemacht worden sein. Über diese Frist muss der VR informieren, § 186 VVG. Die Frist gleicht der Frist zur Geltendmachung der Invalidität, deren Versäumnis entschuldbar ist. Ein Beispiel hierfür ist in den Bedingungen enthalten.
Bei fehlender oder falscher Belehrung ist dem VR ein Berufen auf die Fristversäumung nicht möglich, da dies treuwidrig wäre.
3. Höhe und Dauer der Leistung
Rz. 227
Es wird die vereinbarte Versicherungssumme fällig. Die Leistung wird nach der Anmeldung gem. § 187 Abs. 2 S. 1 VVG innerhalb von zwei Wochen fällig, sofern die Leistungspflicht dem Grunde und der Höhe nach feststellbar ist. Dies ist bedeutsam für die Verjährungsfrist, die unabhängig von anderen Leistungsarten gesondert beginnt.
4. Unterschiede in den Bedingungsgenerationen
Rz. 228
Die Übergangsentschädigung nach § 8 VII AUB 61 stellt auf die unmittelbar vor dem Unfall ausgeübte Berufstätigkeit bzw. Beschäftigung der VP ab, also auf einen konkret individuellen Maßstab, entsprechend dem abgestuften Tagegeld nach Ziff. 2.4 AUB. Die Beeinträchtigung muss mehr als 50 % betragen.
In Ziff. 2.3 AUB 10/08/99, § 7 III AUB 94/88 wird auf die Beeinträchtigung der normalen körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit im beruflichen oder außerberuflichen Bereich abgestellt. Bei den AUB 94/88 ist eine Beeinträchtigung von mehr als 50 % erforderlich, bei den AUB 08/99 ist eine Beeinträchtigung von mindestens 50 % ausreichend.
Auch die Anmeldefrist ist unterschiedlich ausgestaltet. In § 9 VI AUB 94/88 ist sie als Obliegenheit konzipiert, in Ziff. 2.2.1 AUB 08/99 ist ihre Einhaltung eine Anspruchsvoraussetzung. Strittig ist die Konzeption dagegen bei § 8 VII (2) AUB 61.
5. Beweisfragen
Rz. 229
Der VN hat sowohl die Beeinträchtigung der normalen körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit bzw. Arbeitsfähigkeit von mehr als bzw. mindestens 50 % ohne Unterbrechung zu beweisen, als auch den Umstand einer fehlenden Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen.