1. Grundsätzliches
Rz. 253
Die Kostenerstattung für Such-, Bergungs- oder Rettungseinsätze (Bergungskosten) war bisher in den Musterbedingungen nicht enthalten. Wie bei Ziff. 2.7 AUB passen sich die Musterbedingungen der Praxis an, da Bergungskosten, oft sogar beitragsfrei, bereits seit vielen Jahren in den AUB der VR enthalten sind. Die konkrete Regelung der VR kann aber erheblich vom Text der Musterbedingungen abweichen.
2. Voraussetzung der Leistung (Ziff. 2.8.1)
a) Such-, Bergungs- oder Rettungseinsätze (Ziff. 2.8.1.1 Alt. 1)
Rz. 254
Voraussetzung ist die Entstehung von Kosten. Damit sind Kosten für die Personenrettung gemeint, z.B. für Hubschrauberflüge aus den Bergen oder Kosten für die Suche nach Verletzten nach dem Einsturz eines Gebäudes. Ein Ersatzanspruch besteht nur für die Kosten eines öffentlich-rechtlichen oder privaten Rettungsdienstes. Suchaktionen von Privatpersonen reichen nicht aus.
b) Transport ins Krankenhaus (Ziff. 2.8.1.1 Alt. 2)
Rz. 255
Versichert sind die Kosten für die Fahrt in das Krankenhaus oder eine Spezialklinik. Gemeint ist nicht zwingend das räumlich am nächsten liegende oder zeitlich am schnellsten zu erreichende Krankenhaus, sondern die aus Sicht des verantwortlichen Notarztes am schnellsten zu erreichende, für die Behandlung der VP (besonders) geeignete Klinik. Praxisrelevant ist dies z.B. bei schweren Brandverletzungen. Der Transport muss ärztlich angeordnet sein, der Wunsch der VP, zu einem bestimmten Krankenhaus gefahren zu werden, reicht nicht.
Nicht formuliert ist, ob es nur um den Ersttransport vom Unfallort in die Klinik geht oder auch Verlegungsfahrten oder zeitlich Tage nach dem Unfall erfolgende Einweisungen ins Krankenhaus versichert sein sollen.
c) Vermutetes Unfallereignis
Rz. 256
Die Kostenübernahme ist nicht an einen tatsächlich eingetretenen Unfall gekoppelt. Einem Unfall steht gleich, wenn ein solcher unmittelbar drohte oder nach den konkreten Umständen zu vermuten war. Es reichen objektive Anhaltspunkte, aus denen ein vernünftig denkender Mensch den Schluss ziehen kann, dass ein Unfall nahe liegt. Auch das Drohen eines Unfalls genügt, wobei die telefonische Suche im Bekanntenkreis der gesuchten Person keinen Anspruch auf Ersatz der Telefonkosten begründet. Auch wenn eine Person "zu Hause" anruft, weil man dort nicht weiß, wo sich die Person befindet, dann sind diese Telefonkosten keine Bergungskosten.
d) Subsidiarität (Ziff. 2.8.1.2)
Rz. 257
Der Anspruch ist mit einer Subsidiaritätsklausel ausgestattet. Es gilt hier das zu Ziff. 2.7.1 letzter Satz AUB Gesagte.
3. Art und Höhe der Leistung (Ziff. 2.8.2)
Rz. 258
Erstattet werden die beim VN verbliebenen Kosten. Die Erstattung ist begrenzt auf die versicherte Summe, die im Versicherungsschein oder ggf. schon im Bedingungswerk selber festgeschrieben ist.
4. Unterschiede in und zu Sonderbedingungen
Rz. 259
Bisher gab es Bergungskosten nur in Form von Sonderbedingungen. Für die AUB 61 und 88 musste es sich um eine Rettung der VP handeln, wobei nicht die gewöhnlich anfallenden Transportkosten zum Krankenhaus zu ersetzen waren, sondern die Rettung der VP aus einer Notsituation erforderlich war. Die Sonderbedingungen ab den AUB 99 sind den Regelungen der AUB 2020/2014 sehr ähnlich.
5. Beweisfragen
Rz. 260
Der VN ist beweisbelastet für die klar feststellbare Höhe der Kosten, die Such-, Bergungs- oder Rettungseinsätze durch den Rettungsdienst bzw. für die ärztliche Anordnung des Transports der VP zum Krankenhaus und die fehlende Leistungspflicht eines anderen Verpflichteten nach § 286 ZPO.