Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 336
Als Vollstreckungstitel, die Gegenstand einer Vollstreckungsgegenklage sein können, kommen in erster Linie Leistungs- und Haftungsurteile nach § 704 ZPO und die Vollstreckungstitel nach § 794 ZPO in Betracht. Weitere Vollstreckungstitel können §§ 36 ff. GVGA entnommen werden.
Im Einzelnen kann sich die Vollstreckungsgegenklage richten gegen:
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Leistungs- und Haftungsurteile nach § 704 ZPO, HinweisDie Vollstreckungsgegenklage ist dabei analog auch mit der Einwendung gegeben, dass der Titel nichtig sei, weil auch in diesem Fall ein nach Form und Inhalt vollstreckungsfähiger Titel vorliegt, der jedenfalls den Rechtsschein eines vollstreckungsfähigen Titels setzt. Die früher entgegenstehende Rechtsprechung, die den Schuldner auf die Rechtsmittel im Klauselverfahren verwiesen hat, hat der BGH zwischenzeitlich aufgegeben. |
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Kostenfestsetzungsbeschlüsse nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 2, 795 ZPO, |
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Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse im vereinfachten Verfahren nach §§ 253, 240, 246 ff. FamFG, soweit die Einwendungen im Verfahren selbst nicht geltend gemacht werden können, |
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Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet. Dies sind vor allem:
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Kostenentscheidungen nach § 91a ZPO, |
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die Anordnung der Rückgabe einer Sicherheit nach §§ 109 Abs. 2, 715 ZPO, |
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die Anordnung von Zwangsmaßnahmen nach § 887 ZPO, HinweisDies gilt allerdings nur insoweit, wie nicht der Widerspruch nach § 924 ZPO oder die Abänderung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO geltend gemacht werden können. |
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Vollstreckungsbescheide nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 796, 795 ZPO, |
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Vollstreckbare Schiedssprüche nach § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, AchtungDie Vollstreckungsgegenklage ist hier nur insoweit statthaft, wie die Einwendung im Schiedsverfahren nicht vorgebracht werden konnte. Im Übrigen greift auch hier die Schiedsabrede durch, wenn die Einwendung ihr unterliegt. D.h. es ist Vollstreckungsgegenklage vor dem Schiedsgericht zu erheben. |
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Vollstreckbare Urkunden nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 797, 795 ZPO, |
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Auszüge aus der Konkurstabelle nach § 145 Abs. 2 KO, Auszüge aus dem Vergleichsgläubigerverzeichnis nach §§ 85, 86 Vergleichsordnung, Auszüge aus der Insolvenztabelle nach §§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO sowie aus dem Insolvenzplan nach § 257 InsO, |
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Unterlassungstitel in WEG-Verfahren, |
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weitere Vollstreckungstitel mit Leistungs- oder Haftungsansprüchen nach anderen Gesetzen, die jedoch nach der ZPO vollstreckt werden. |
Rz. 337
Hinweis
Um welche Titel es sich handelt, kann jeweils §§ 36 ff. GVGA entnommen werden.
Rz. 338
Ist ein Zahlungstitel deshalb unwirksam, weil er der materiellen Rechtskraft wegen der Unbestimmtheit des titulierten Anspruches nicht fähig ist, so ist auch in diesem Fall die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO statthaft.
Rz. 339
Einwendungen gegen Vollstreckungstitel, die auf dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.1993 betreffend die richterliche Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen bei starkem Übergewicht eines Vertragspartners gründen, können mit der Vollstreckungsabwehrklage entsprechend § 767 Abs. 1 und 2 ZPO geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 79 Abs. 2 S. 3 BVerfGG.
Rz. 340
Möchte der Schuldner die Einwendung geltend machen, die gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO abgegebene Unterwerfungserklärung sei unwirksam, so betrifft dies die Frage, ob ein ordnungsgemäßer Titel geschaffen worden ist. Nach der früheren Rechtsprechung stand dem Schuldner in diesen Fällen ausschließlich die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO zur Verfügung; das Vorliegen eines wirksamen Titels wiederum war prozessuale Voraussetzung für die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage. Dieser prinzipielle Vorrang der Klauselerinnerung ist in der neueren Rechtsprechung des BGH weitgehend aufgegeben worden. Die Möglichkeit einer Klauselerinnerung steht der Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage nicht mehr grundsätzlich entgegen. Eine solche Vollstreckungsgegenklage ist jedoch nur eine weitere Möglichkeit, eine formell-rechtliche Überprüfung des Titels zu erreichen; die Klauselerinnerung wird durch sie nicht verdrängt. Das würde weder der Intention des Gesetzgebers entsprechen, der dieses Verfahren in § 732 ZPO i.V.m. § 797 Abs. 3 ZPO ausdrücklich vorgesehen hat, noch dem Umstand, dass es dem Schuldner unbenommen bleibt, sich lediglich gegen die Erteilung der Klausel zu wenden und sich – ohne die Erhebung einer Klage – für das einfachere, wenn auch in seinem Prüfungsgegenstand beschränkte Verfahren der Erinnerung zu entscheiden. Für den Schuldner besteht daher ein Wahlrecht zwischen Klauselerinnerung und Vollstreckungsgegenklage.
Rz. 341
Dagegen ist § 767 ZPO nicht anwendbar auf:
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Arreste nach §§ 916 ff. ZPO. Hier ist allein der Widerspruch nach § 924 ZPO zu erheben oder die Abänderung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO geltend zu machen; |
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Einstweilige Verfügungen, es sei denn, es handelt sich um eine Leistungsverfügung; |
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Einwend... |