Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 464
Voraussetzung für die Statthaftigkeit und damit die Zulässigkeit der Klage ist zunächst, dass der Dritte ein die Veräußerung hinderndes Recht an dem Vollstreckungsgegenstand behauptet. Im Rahmen der Begründetheit hat er dann das tatsächliche Vorliegen im Bestreitensfall zu beweisen.
Rz. 465
Da es im Hinblick auf die Möglichkeiten des gutgläubigen Erwerbs keine Rechte gibt, die die Veräußerung rein tatsächlich hindern, ist damit gemeint, dass der Schuldner, wenn er den Vermögensgegenstand veräußern würde, widerrechtlich in den Rechtskreis des Dritten eingreift, und deshalb der Dritte berechtigt wäre, den Schuldner an einer solchen Veräußerung rechtlich zu hindern.
Rz. 466
Ob ein solches die Veräußerung hinderndes Recht vorliegt, kann umstritten sein. Folgende Rechte sind als Interventionsrechte anerkannt:
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das Eigentum HinweisDie gesetzliche Vermutung, dass die im Besitz beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner allein gehören (§ 1362 BGB), ist auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht entsprechend anzuwenden. |
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die Forderungsinhaberschaft einschließlich des Rechtes aus einer Sicherungsabtretung |
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das Miteigentum HinweisHier ist besondere Vorsicht bei der Teilungsversteigerung erforderlich, weil auch nicht im Grundbuch eingetragene Rechte die Drittwiderspruchsklage begründen können, z.B.:
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der Ausschluss wegen Teilbarkeit in Natur, § 752 BGB; |
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die nach § 1365 BGB fehlende Antragsberechtigung des Ehegatten; |
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der Ausschluss der Miterbenauseinandersetzung nach § 2044 BGB; |
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beschränkt dingliche Rechte, soweit sie durch die Zwangsvollstreckung beeinträchtigt werden. Als solche beschränkt dinglichen Rechte kommen insbesondere in Betracht:
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der Nießbrauch |
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die Hypothek |
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ein dingliches Wohnrecht |
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ein Erbbaurecht |
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eine Grunddienstbarkeit Beispiel Dem N wurde 2022 von S der Nießbrauch an dessen Grundstück bestellt. Im Wege der Immobiliarzwangsvollstreckung greift nun G auf das Grundstück zu und lässt im Jahre 2023 die Zwangsverwaltung anordnen. Der Zwangsverwalter will nun einzelnes, dem Nießbrauch unterliegendes Grundstückszubehör verkaufen. |
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das Sicherungseigentum für den Sicherungsnehmer HinweisDiese früher umstrittene Frage hat der BGH – zu Lasten der Gläubiger – endgültig im vorgenannten Sinne entschieden. Danach ist ein Interventionsrecht nach § 771 ZPO gegeben, solange noch Forderungen zu sichern sind. Dem Gläubiger steht allerdings die Möglichkeit offen, nachzuweisen, dass zu sichernde Forderungen nicht mehr bestehen. Auch kann er das Anwartschaftsrecht auf die Rückgewährung des Rechtes nach §§ 828, 829 ZPO pfänden. Nach einer – sehr gläubigerfreundlichen – Entscheidung des LG Köln muss der Dritte darlegen und beweisen, dass eine gesicherte Forderung entstanden ist und noch besteht. Der Umfang der Verpflichtung zur Darlegung wird dabei durch die Umstände des Einzelfalls, insbesondere durch die Fähigkeiten der Beteiligten bestimmt. |
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das Sicherungseigentum für den Sicherungsgeber – hier steht dem Sicherungsgeber aber nur so lange ein Interventionsrecht zu, wie der Sicherungsnehmer dies nicht verwerten darf. Ist der Sicherungsgeber mit seinen Zahlungsverpflichtungen selbst in Verzug und dürfte der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut verwerten (Verwertungsreife), so darf auch der Gläubiger des Sicherungsnehmers auf das Sicherungsgut zugreifen; HinweisGerade bei angeblichen Darlehen unter Verwandten oder Bekannten unter gleichzeitiger Sicherungsübereignung von Vermögensgegenständen des Schuldners sollte die Verwertungsreife behauptet werden, damit der Dritte die Zahlungen nachweisen muss und so ein mögliches Scheingeschäft belegt werden kann. |
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das Vorbehaltseigentum für den Vorbehaltsverkäufer als vollwertiger Eigentümer HinweisHier kann das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers gepfändet werden und dem Vorbehaltsverkäufer durch die Zahlung des Restkaufpreises dann alle Rechte entzogen werden. Der gezahlte Restkaufpreis ist als Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO geltend zu machen. |
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das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers |
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das besitzende Pfandrecht HinweisDer Inhaber eines besitzlosen Pfandrechtes, wie etwa der Vermieter oder der Gastwirt, kann dagegen nur im Wege der Klage auf vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO (siehe Rdn 509) vorgehen. |
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der Besitz an beweglichem Vermögen, soweit der Besitz mit einem Recht zum Besitz verbunden ist und sich im Besitz die Nichtzugehörigkeit des Gegenstandes zum Vermögen des Schuldners dokumentiert |
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schuldrechtliche Herausgabeansprüche, z.B. des Vermieters, Verpächters, Verleihers, Hinterlegers oder Beauftragten |
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Vertragspfandrechte nach §§ 1204 ff. BGB, soweit sie dem Pfändungspfandrecht des betreibenden Gläubigers im Rang vorgehen |
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familienrechtliche Verfügungsbeschränkungen nach §§ 1365, 1369, 1477 Abs. 2 BGB, einschließlich familienrechtlicher Sondervereinbarungen |
Rz. 467
Hinweis
Von der Frage, ob diese familienrechtlichen Besc...