Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 479
Bei der Drittwiderspruchklage handelt es sich um eine prozessuale Gestaltungsklage, für die zunächst die allgemeinen Bestimmungen nach §§ 129 ff., 253 ff. ZPO gelten.
Rz. 480
Die Klage ist nicht darauf gerichtet, die Zwangsvollstreckung in Gänze für unzulässig zu erklären, sondern lediglich die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung des konkreten Gläubigers in das Vermögen des Dritten in Form des ganz konkreten Zugriffes auf einen Gegenstand zu einem bestimmten Zeitpunkt durch ein bestimmtes Vollstreckungsorgan zu verhindern. Entsprechend ist der Antrag zu fassen. Wird dagegen die Erklärung der vollständigen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung beantragt, ist die Klage mit der negativen Kostenfolge teilweise abzuweisen.
Rz. 481
Hinweis
Es muss beachtet werden, dass auch nicht die Zwangsvollstreckung in einen bestimmten Gegenstand unbeschränkt für unzulässig erklärt werden kann. So ist es denkbar, dass der Dritte den zunächst der Zwangsvollstreckung des Gläubigers entzogenen Gegenstand später auf den Schuldner überträgt. Nach einer solchen Übertragung muss er dem Gläubiger als Zugriffsobjekt zur Verfügung stehen.
Rz. 482
Die Drittwiderspruchsklage unterliegt keiner gesonderten Klagefrist, sondern wird zeitlich allein durch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage begrenzt.
Rz. 483
Das Rechtsschutzbedürfnis für die Drittwiderspruchsklage liegt vor, sobald die Zwangsvollstreckung in Bezug auf die Sache oder das Recht des Dritten begonnen hat, also mit der eigentlichen Pfändung.
Rz. 484
Droht die Zwangsvollstreckung ernsthaft und würde durch diese ein irreparabler Schaden entstehen, kann das Rechtsschutzbedürfnis aber auch schon zu einem früheren Zeitpunkt vorliegen. Dies wird insbesondere bei Herausgabe- und Räumungsvollstreckungen der Fall sein.
Rz. 485
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn der Gläubiger, etwa nach der Versteigerung der gepfändeten Sache, durch Erlösauskehr befriedigt wird oder wenn er den Gegenstand, weil er das bessere Recht des Dritten anerkennt, freigibt.
Rz. 486
Hinweis
Hat der Dritte dem Gläubiger keine angemessene Prüfungsfrist gesetzt, die je nach Umfang der erforderlichen Prüfungen im Einzelfall zu bestimmen sein wird, so hat der Gläubiger keinen Anlass für die Klageerhebung gegeben und kann verlangen, dass dem Dritten nach einem sofortigen Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.
Rz. 487
Das Rechtsschutzinteresse entfällt nicht dadurch, dass die Vollstreckung nichtig ist, da der Dritte einen Anspruch darauf hat, dass auch der Rechtsschein einer wirksamen Pfändung beseitigt wird. Anders verhält es sich nur dann, wenn die Nichtigkeit der Pfändung von allen Beteiligten anerkannt ist.
Rz. 488
Hat der Kläger zunächst die Pfändung des Gegenstandes trotz der Möglichkeit, der Pfändung nach § 809 ZPO zu widersprechen, zugelassen, verliert er sein Klagerecht nach § 771 ZPO nicht. Nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage, ob die entstandenen Kosten "notwendig" im Sinne der §§ 91 ff. ZPO waren. Das wird regelmäßig nicht der Fall sein.
Rz. 489
Wurde der Gegenstand des Dritten versteigert und der Erlös an den Gläubiger ausgekehrt, ist die Drittwiderspruchsklage ausgeschlossen. Der Schuldner kann die Klage dann entweder in der Hauptsache für erledigt erklären oder aber nach § 264 Nr. 3 ZPO auf eine Bereicherungsklage nach § 812 BGB umstellen. Regelmäßig wird die Bereicherungsklage als verlängerte Drittwiderspruchsklage erforderlich sein, da der Gläubiger, der das Dritteigentum bestreitet oder diesem Einwendungen entgegenhält, auch nicht zur freiwilligen Herausgabe des Versteigerungserlöses nach Bereicherungsgrundsätzen bereit sein wird.
Rz. 490
Hinweis
Mit einer Rücknahme der Drittwiderspruchsklage und der erneuten Klageerhebung mit einer Bereicherungsklage würde der Rechtsanwalt sich gegenüber seinem Mandanten schadensersatzpflichtig machen, da dieser Weg gegenüber der Klageänderung wesentlich höhere Kosten verursacht.