Dr. K. Jan Schiffer, Christoph Schürmann
Rz. 54
Soweit keine besondere Haftungsprivilegierung eingreift, richtet sich die Haftung der Stiftung und der für sie tätigen Personen nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen.
Eine Stiftung haftet nach § 84 Abs. 5 i.V.m. § 31 BGB gegenüber Dritten zwingend für jeden Schaden, den ein Stiftungsorgan (auch Stiftungsbeirat) oder ein Organmitglied in Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben schuldhaft verursacht, da Wille und Handlungen der Organe der Stiftung dieser als eigene zuzurechnen sind. Voraussetzung der Haftung nach § 31 BGB ist aber ein innerer Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und der Organtätigkeit. Auf die Vertretungsmacht und deren Grenzen kommt es dabei nicht an. Besteht die schädigende Handlung allerdings lediglich in einer Überschreitung der Vertretungsmacht, so haftet dafür nicht die Stiftung, sondern das Organmitglied selbst (§ 179 BGB). Auch Schadenszufügung "nur" bei Gelegenheit der Organtätigkeit führt nicht zu einer Haftung der Stiftung.
Rz. 55
Für unerlaubte Handlungen haftet nach außen neben (!) der Stiftung auch das betreffende Organglied nach § 840 BGB, und zwar beide als Gesamtschuldner. Für ihre sonstigen Bediensteten und für Bevollmächtigte haftet die Stiftung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 278, 831 BGB). Es kommt außerdem eine gesonderte (Außen-)Haftung der Stiftung nach §§ 31, 823 BGB wegen Verletzung von Organisations- und Aufsichtspflichten in Betracht.
Rz. 56
In allen Fällen der Außenhaftung der Stiftung stellt sich zugleich die Frage nach der Innenhaftung der Organe, d.h. nach dem Rückgriff der Stiftung auf die Organmitglieder wegen des ihr entstandenen Schadens (§ 280 Abs. 1 BGB). Diese Frage stellt sich natürlich auch, wenn der Stiftung ein Schaden nicht durch einen Fall der Außenhaftung, sondern etwa auf sonstige Weise (z.B. Vermögensverlust) entstanden ist. In Betracht kommen typischerweise Verletzungen der Pflicht zur Verwirklichung des Stiftungszwecks oder der Vermögenserhaltungspflicht oder ein Verstoß gegen das Verbot der Förderung eigener Interessen und/oder der Interessen dritter Personen zu Lasten der Stiftung.
Rz. 57
Sowohl die Pflichtverletzung aus einem Schuldverhältnis als auch die unerlaubte Handlung setzt ein Verschulden des Organmitglieds voraus, wobei nach § 276 Abs. 1 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet wird. Die Schwelle zur leichten Fahrlässigkeit ist sehr schnell überschritten, denn im deutschen Zivilrecht gilt, anders als im Strafrecht, kein individueller, sondern ein objektiv abstrakter Sorgfaltsmaßstab. Mit dem Volksmund (und juristisch nicht ganz korrekt) gesagt: "Unwissenheit schützt nicht vor Strafe." Mehrere Organmitglieder haften als Gesamtschuldner.
Rz. 58
Regressansprüche der Stiftung erlöschen, wenn dem für den Schaden verantwortlichen Organ von dem zuständigen Kontrollgremium der Stiftung Entlastung erteilt wird, da dieses über die Rechte der Stiftung mit der Entlastung verfügt. Das gilt aber nur dann, wenn die die Haftungsfrage betreffenden Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, was in der Praxis typischerweise nicht der Fall sein wird. Die Entlastung betrifft zudem nur den Stiftungsvorstand, der durch das Kontrollorgan entlastet werden kann. Für das Kontrollorgan (Stiftungsrat) selbst existiert grundsätzlich kein "Entlastungsorgan"! Eine etwaige Entlastung wirkt im Übrigen nicht gegenüber Dritten, sondern nur stiftungsintern.
Rz. 59
Als wichtiger "Sonderfaktor" tritt bei Haftungsfragen im Zusammenhang mit Stiftungen – anders als bei anderen Körperschaften, wo diese Instanz fehlt – die staatliche Stiftungsaufsicht hinzu. Wird etwa der z.B. in § 7 Nr. 2 HessStiftG vorgeschriebene Rechenschaftsbericht des Stiftungsvorstands von der Aufsichtsbehörde gebilligt, so kann darin keine (!) Entlastung des Vorstands gesehen werden. Etwa bestehende Regressansprüche der Stiftung gegen Organmitglieder entfallen durch eine Billigung seitens der Stiftungsaufsicht in keinem Fall, denn die Aufsichtsbehörde hat lediglich auf gesetzes- und satzungsgetreues Verhalten der Stiftungsorgane zu achten und ist zur Verfügung über Rechte der Stiftung nicht befugt. Wenn sie ein Verhalten der Organe "billigt", heißt das nur, dass sie von sich aus kein Aufsichtsmittel ergreifen wird.
Rz. 60
Hinweis
Hat der Stiftungsvorstand Mittel der Stiftung satzungswidrig, d.h. entgegen dem Stiftungszweck, verwendet, so soll er der Stiftung dafür nicht haften, wenn der Aufsichtsbehörde der Sachverhalt in vollem Umfang (!) bekannt war und sie ihn gleichwohl nicht beanstandet hat. In der Praxis wird eine so umfassende Information der Stiftungsaufsicht indes kaum einmal gegeben sein. Unabhängig davon hat die Stiftungsaufsicht in Haftungsfragen – anders als der Stiftungsrat für den Stiftungsvorstand (siehe Rdn 58) – keine Entlastungsfunktion.
Rz. 61
Verletzt die Stiftungsbehörde eine gerade gegenüber dem Anspruchsteller bestehende Amtspflicht (z.B. keine Nutzung der Aufsichtsmittel trotz erkennbar drohenden Schadens), kommt...