Dr. K. Jan Schiffer, Christoph Schürmann
Rz. 126
Europarechtlich wurde im Zusammenhang mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten bereits früher vor allem die bevorzugte Stellung inländischer gemeinnütziger Einrichtungen im Vergleich zu ausländischen gemeinnützigen und kommerziellen Anbietern von Dienstleistungen problematisiert (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F.).
Rz. 127
Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht stand wegen dieser Bevorzugung bereits im Jahre 2006 durch einen Vorlagebeschluss des BFH an den EuGH ganz grundsätzlich auf dem Prüfstand. In dem besagten Fall erzielte eine Stiftung italienischen Rechts (Centro di Musicologia Walter Stauffer) mit Sitz in Italien aus einem Geschäftsgrundstück in Deutschland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Stiftung verfolgt Ausbildungs- und Erziehungszwecke und fördert über Stipendien den Aufenthalt junger Schweizer in Italien. Das deutsche Finanzamt wollte die Vermietungseinkünfte der Körperschaftsteuer unterwerfen. Der 1. Senat des BFH hatte in seinem Vorlagebeschluss bezweifelt, ob die (damalige) Einschränkung der Körperschaftsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 a.F. des deutschen KStG gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen genüge. Am 14.9.2006 entschied der EUGH, dass es nicht mit Art. 73b EGV i.V.m. Art. 73d EGV vereinbar ist, wenn ein Mitgliedstaat inländische Vermietungseinkünfte einer als gemeinnützig anerkannten, grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftung mit Niederlassung in diesem Staat von der Körperschaftsteuer befreit, die gleiche Befreiung aber für entsprechende Einkünfte einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung des privaten Rechts mit Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat verweigert, weil diese im Inland nur beschränkt steuerpflichtig ist.
Rz. 128
Mit der Entscheidung hat der EuGH allerdings keine zwangsläufige Gleichbehandlung von Körperschaften, die das nationale Gemeinwohl fördern, mit solchen, die nur nicht nationalen Belangen dienen, gefordert. Er hat vielmehr Spielraum für eine auf Förderung des nationalen Gemeinwohls gerichtete Gestaltung des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts belassen. Der deutsche Gesetzgeber hat darauf mit der Schaffung des § 51 Abs. 2 AO und mit einer Änderung des § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG reagiert.
Rz. 129
Mit Urt. v. 27.1.2009 hat der EuGH im Fall Persche entschieden, dass Spenden an ausländische gemeinnützige Organisationen zum Spendenabzug berechtigen. Nach Ansicht des EuGH liegt bei einer Abzugsbeschränkung ein Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit vor. Im entschiedenen Fall waren die durch die Sachspende geförderten Zwecke sowohl nach deutschen als auch nach portugiesischem Recht als steuerbegünstigt anerkannt, so dass es nach Ansicht des EuGH keinen Grund gab, diese Spende in der deutschen Steuererklärung unberücksichtigt zu lassen. Der Argumentation der Finanzbehörde, sie könne bei einer ausländischen Einrichtung die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung nicht überprüfen, ist der EuGH nicht gefolgt. Vielmehr führt der EuGH in seinen Urteilsgründen aus, der in Deutschland Steuerpflichtige müsse die Möglichkeit haben, das Vorliegen der Steuerbefreiung des ausländischen Spendenempfängers nachzuweisen.
Rz. 130
Allerdings liegen die Probleme in der Praxis typischerweise gerade bei dem tatsächlichen Nachweis der Steuerbefreiung des ausländischen Spendenempfängers. Nach Zurückverweisung an das Ausgangsgericht hat das FG Münster im Fall "Persche" dazu einen strengen Maßstab angelegt und letztlich den vom Kläger begehrten Spendenabzug schon dem Grunde nach abgelehnt. Nach der recht formalistischen Begründung des FG Münster sei dem Kläger nicht der Nachweis der formellen Satzungsmäßigkeit der ausländischen Körperschaft gelungen, da in deren Satzung der erforderliche Grundsatz der Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) nicht erkennbar sei. Davon abgesehen fehle es bereits an einer ordnungsgemäßen Zuwendungsbestätigung.
Rz. 131
Andererseits ergibt sich aus einer Entscheidung des FG Bremen eine deutlich weniger strenge Haltung. In diesem Fall hat das Gericht den grenzüberschreitenden Spendenabzug trotz fehlender Satzungsbestimmungen zur Vermögensbindung bei einer italienischen Empfängerkörperschaft anerkannt. Nach (zutreffender) Begründung des FG Bremen könne das Festhalten an einer strengen formalen Satzungskonformität unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung zu einem Verstoß gegen den EG-rechtlichen Effektivitätsgrundsatz ("effet utile") führen. Daher sah es das Gericht in dem zu entscheidenden Fall als ausreichend an, dass die Empfängerkörperschaft in Italien einer staatlichen Vereinigungsaufsicht unterliegt, welche die ordnungsgemäße Mittelverwendung und die Vermögensbindung kontrolliert. Außerdem müsse nach dem FG Bremen die Zuwendungsbestätigung der ausländischen Empfängerkörperschaft zwar inhaltlich die nach deutschem Recht erforderlichen Angaben enthalten, jedoch formell nicht dem amtlichen Vordruck nach § 50 EStDV entsprechen. Der BFH folg...