Dr. K. Jan Schiffer, Christoph Schürmann
Rz. 144
Vermehrt wird der "Stiftungsfachmann" auch auf die unkompliziert zu errichtende unselbstständige Stiftung angesprochen.
Die unselbstständige Stiftung (auch treuhänderische oder fiduziarische Stiftung genannt) unterscheidet sich von der Stiftung des Privatrechts dadurch, dass sie keine juristische Person ist. Der Stifter überträgt vielmehr einer bereits bestehenden – natürlichen oder juristischen – Person als Treuhänder Vermögenswerte zur – grundsätzlich – dauerhaften Verfolgung des von ihm vorgegebenen Stiftungszweckes. Der Treuhänder kann natürlich auch eine (selbstständige) Stiftung sein. Auch die unselbstständige Stiftung soll wie die selbstständige Stiftung als Verbrauchsstiftung zulässig sein.
Rz. 145
Weder die Vorschriften des BGB noch die Landesstiftungsgesetze finden grundsätzlich auf diese rein schuldrechtliche Form der Stiftung Anwendung. Die Errichtung solcher Stiftungen erfordert kein staatliches Anerkennungsverfahren.
Rz. 146
Die unselbstständige Stiftung unterliegt keiner staatlichen Aufsicht. Im Fall der Steuerbefreiung wacht aber natürlich die Finanzverwaltung über die Einhaltung der einschlägigen Steuervorschriften (insb. §§ 51 ff. AO; siehe Rdn 94 ff.).
Rz. 147
Die unselbstständige Stiftung ist eine recht unkomplizierte Form für den Stifter, Vermögenswerte nachhaltig einem bestimmten Zweck zu widmen. Sie hängt allerdings in ihrem Schicksal naturgemäß ganz von der Person des Treuhänders ab. Für diese Art der Stiftung kann eine ähnliche "Satzung" verabschiedet (= mit dem Treuhänder vereinbart) werden wie bei der selbstständigen Stiftung (siehe Muster Rdn 237). Die Stiftung kann unter Lebenden oder von Todes wegen errichtet werden.
Rz. 148
Die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung unter Lebenden ist ein Vertrag zwischen dem Stifter und dem Stiftungsträger, der gewissermaßen eine selbstständige Stiftung "nachahmt". Eine vorgegebene rechtliche Gestaltung gibt es dafür nicht. Der Stifter und der Stiftungsträger können entweder einen Treuhandvertrag schließen, bei dem die §§ 662 ff., 675 BGB (unentgeltlicher Auftrag/entgeltliche Geschäftsbesorgung) Anwendung finden, oder sie schließen einen Schenkungsvertrag unter Auflage gem. §§ 516, 525 BGB. Die wohl h.M. geht davon aus, dass beide Vertragstypen zur Errichtung einer unselbstständigen Stiftung geeignet sind. Die Einzelheiten der Stiftungsarbeit wird der Stifter mit dem Stiftungsträger aushandeln und in einer "Stiftungssatzung" festhalten, die man richtigerweise als "Organisationsvertrag" bezeichnen sollte. Dieser kann auch ein oder mehrere interne (!) Kontrollorgan(e) der unselbstständigen Stiftung vorsehen (siehe auch Rdn 158 ff.).
Hinweis
Wegen der freien Wahl der Gestaltung sollte der jeweilige Vertragstext zur Vermeidung von Streitfällen unbedingt klar regeln, in welcher Weise die Stiftungserrichtung erfolgt. Insbesondere wenn es um eine spätere Aufhebung der Stiftung geht (nicht selten durch die Erben des Stifters veranlasst), ergeben sich deutliche Unterschiede in den Rechtsfolgen: Während das Auftragsrecht weit reichende Kündigungs- und Widerrufsmöglichkeiten eröffnet, ist die Rückabwicklung einer Auflagenschenkung nur sehr eingeschränkt möglich.
Rz. 149
Eine unselbstständige Stiftung kann auch von Todes wegen errichtet werden, indem der Stifter den Stiftungsträger entweder durch eine letztwillige Verfügung als Erben einsetzt oder diesem das Stiftungsvermögen als Vermächtnis zuwendet. Der Stifter verbindet die Vermögensübertragung auch hier mit der Auflage, das Stiftungsvermögen als ein vom übrigen Vermögen des Trägers getrenntes wirtschaftliches Sondervermögen zu verwalten und dauerhaft zur Verfolgung der vom Stifter gesetzten Zwecke zu verwenden. Zweckmäßig ist hier die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, der die Stiftungserrichtung für den Erblasser veranlasst und überwacht.
Rz. 150
Will der Stifter nicht auf die bereits vorhandene Organisation eines Stiftungsträgers – etwa auf die des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Essen – zurückgreifen, so wird er sich zur Schaffung der internen Organisation der treuhänderischen Stiftung im Rahmen des Stiftungsträgers an den für die privatrechtliche selbstständige Stiftung entwickelten Modellen orientieren, die nachfolgend behandelt werden. Dabei kann und sollte der unselbstständigen Stiftung durchaus ein eigener Name – etwa zur Erinnerung an den Stifter – gegeben werden.
Rz. 151
Ersichtlich ist bei der Auswahl des treuhänderischen Stiftungsträgers für die unselbstständige Stiftung besondere Sorgfalt anzuwenden. Die Auswahl einer juristischen Person hat den Vorteil, dass diese ebenso wie die unselbstständige Stiftung, aber anders als natürliche Personen, zumindest potenziell unsterblich ist. Der Stifter sollte dabei besonderen Wert darauf legen, dass der Stiftungsträger über eine Organisation verfügt, deren Kontrollmechanismen (insb. Aufsichtsorgane wie z.B. Beirat) die Verwendung der treuhänderisch übertragenen Mittel für den gewählten...