Rz. 232
Aufgrund der zahlreichen Probleme sind Ersatzlösungen entwickelt worden, die nachfolgend aufgeführt werden:
a) Vollmachtslösung
Rz. 233
Der Testamentsvollstrecker kann sich durch die Erben zur Fortführung des Handelsgeschäftsbevollmächtigen lassen. Hierdurch kann der Testamentsvollstrecker den Erben mit seinem Privatvermögen verpflichten. Als Inhaber des Handelsgeschäfts wird der Erbe in das Handelsregister eingetragen und haftet nach den §§ 25, 27 Abs. 1 HGB für die Verbindlichkeiten des Erblassers und persönlich und unbeschränkt für alle neu entstehenden Verbindlichkeiten aus dem Handelsgeschäft.
Rz. 234
Das Problem der Vollmachtlösung liegt darin, dass aufgrund der Notwendigkeit einer Vollmachtserteilung die Mitwirkung des Erben Voraussetzung ist. Um diese Mitwirkung zu erreichen, wird in der Praxis häufig die Erbeinsetzung von der Bedingung abhängig gemacht, dass eine Vollmacht erteilt wird. Ebenso wird vorgeschlagen, die Erbeinsetzung unter die auflösende Bedingung für den Fall zu stellen, dass die Vollmacht grundlos widerrufen wird. Ferner kann der Erbe auch mit einer Auflage nebst zusätzlichen Straf- oder Verwirkungsklauseln zur Erteilung einer Vollmacht bewegt werden. Teilweise wird es jedoch für unzulässig erachtet, wenn der Erbe testamentarisch gezwungen werden kann, dem Testamentsvollstrecker die Verpflichtungsbefugnis über sein Privatvermögen einzuräumen. Nach hiesiger Auffassung ist eine derartige Verpflichtung aber zulässig, da sich der Erbe ohne Weiteres gegenüber diesen Anordnungen durch Ausschlagung schützen kann. In der Praxis ungeeignet sind jedoch Klauseln, wonach der Erbe lediglich aufgefordert wird, dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht zu erteilen. Vielmehr sollte dann auch die Vollmacht ganz konkret vorgegeben und unwiderruflich gestellt werden, wobei ein Widerruf der Vollmacht dann zulässig sein sollte, wenn die Voraussetzungen des § 2227 BGB gegeben sind bzw. das Amt erlischt.
Rz. 235
Praxishinweis
Als weiteres Korrektiv ist anzuraten, dem durch die Testamentsvollstreckung beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer wenigstens die Möglichkeit einzuräumen, auch selbst auf die Verwaltung Einfluss zu nehmen.
Um die Probleme einer möglichen Sittenwidrigkeit der Erteilung einer unwiderruflichen Generalvollmacht zu umgehen, empfiehlt es sich, die Vollmacht im Außenverhältnis sowohl inhaltlich als auch zeitlich zu begrenzen und insb. die Dauer der Bevollmächtigung an die Dauer der Amtszeit der Testamentsvollstreckung zu koppeln. Sofern eine Gefährdung des Privatvermögens der Erben durch die Erteilung der Vollmacht in Betracht kommt, kann dem dadurch begegnet werden, dass die Eingehung von Verbindlichkeiten von der Zustimmungspflicht der Erben abhängig gemacht werden können.
Rz. 236
Übersicht: Vollmachtslösung
Inhaber des Geschäfts: |
Erbe |
Handelsregistereintragung lautet auf Eigentümer des Betriebsvermögens: |
Erbe |
Haftung für Altschulden aus Handelsgeschäft: |
Nur Erben, aber wegen §§ 27, 25 Abs. 2 HGB Haftungsbeschränkung möglich. |
Haftung für neue Geschäftsschulden: |
Erben |
Zwangsvollstreckungsmöglichkeit für Eigengläubiger der Erben: |
Keine Möglichkeit wegen § 2214 BGB. |
Zwangsvollstreckungsmöglichkeit für Gläubiger des Testamentsvollstreckers: |
Keine Möglichkeit |
Vorteile: |
Keine persönliche Haftung des Testamentsvollstreckers bei Geschäftsverbindlichkeiten. |
Nachteile: |
Testamentsvollstrecker kann über Nachlass verfügen; da Erben ebenfalls verfügungsberechtigt, besteht Blockademöglichkeit. |
b) Treuhandlösung
Rz. 237
Bei der Treuhandlösung führt der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft treuhänderisch und im eigenen Namen für die Erben fort. Er wird im Handelsregister eingetragen und tritt nach außen nicht als Testamentsvollstrecker, sondern als Inhaber auf. Dabei sind zwei Formen zu unterscheiden: zum einen die Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand, zum anderen die Vollrechtstreuhand.
Rz. 238
In der Rspr. wird die Treuhand als Ermächtigungstreuhand begriffen, dem Testamentsvollstrecker nur das Recht zur Verfügung über die seiner Verwaltung unterliegenden Geschäftsgegenstände eingeräumt wird, er aber nicht Eigentümer des Geschäftsvermögens wird. Hingegen wird bei der Vollrechtstreuhand der Testamentsvollstrecker Eigentümer des Geschäftsvermögens. Dieses muss erst noch auf ihn übertragen werden, was er aber ggf. durch ein In-sich-Geschäft durchführen kann.
Rz. 239
Kommt es zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Eigengläubigern des Testamentsvollstreckers in das Geschäftsvermögen, steht den Erben der Weg einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO offen. Trotz seines persönlichen Handelns ist von einer Nachlassverpflichtung auszugehen, wenn er im Rahmen des Handelsgeschäfts Gegenstände für den Nachlass erwirbt. Nachdem der Testamentsvollstrecker als Inhaber des Unternehmens im Außenverhältnis gegenüber Dritten un...