Rz. 347
Nach § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB können Pflichtteilsansprüche nur gegen die Erben geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des ganzen Nachlasses zusteht. In diesen Bereich gehören sämtliche Klagen hinsichtlich einer etwaigen Pflichtteilszahlung, wie z.B. die Klage auf Auskunft hinsichtlich des Nachlasses gem. § 2314 BGB, die Klage auf Wertermittlung gem. § 2314 BGB oder die Klage auf Zahlung des Pflichtteilsanspruchs.
Rz. 348
Der Testamentsvollstrecker braucht somit nicht dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft zu erteilen und kann gegen den Willen der Erben eine Pflichtteilsforderung nicht mit Wirkung gegen die Erben rechtsgeschäftlich anerkennen.
Rz. 349
Im Einzelnen ist aber umstritten, wann und ob ein vom Testamentsvollstrecker abgegebenes Anerkenntnis wirksam ist. Außergerichtlich ist nach allgemeiner Auffassung ein Anerkenntnis unwirksam. Sofern allerdings ein Testamentsvollstrecker im Prozess ein Anerkenntnis abgibt, soll dieses Anerkenntnis wirksam sein. Eine derartige Auffassung dürfte nicht ohne Weiteres richtig sein, denn trotz Streitgenossenschaft zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben kann ein prozessuales Anerkenntnis des Testamentsvollstreckers den Erben nicht binden. Anders ist jedoch zu urteilen, wenn der Testamentsvollstrecker mit einer ausdrücklichen Vollmacht oder aber einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht der Erben gehandelt hat. Sehr unglücklich und missverständlich formuliert ist die Entscheidung des OLG München.
Dort heißt es:
Zitat
"Nach dem Sinn des § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB differenziert die Entscheidung BGHZ 51, 125 deshalb letzten Endes zwischen streitigen und unstreitigen Pflichtteilsansprüchen. Sind Pflichtteilsansprüche nicht streitig, kann der Testamentsvollstrecker Pflichtteilsansprüche erfüllen; er kann deshalb auch bei nicht streitigen Pflichtteilsansprüchen wirksam anerkennen mit der Folge, dass die Verjährung unterbrochen wird, oder aber auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichten. Im vorliegenden Falle hat die Testamentsvollstreckerin für den Kläger erkennbar mit Willen der Beklagten gehandelt. Der Leistung der Abschlagszahlungen haben die Erben nicht widersprochen. Zuletzt hat sich die Testamentsvollstreckerin mit dem oben zitierten Schreiben vom 5.5.1999 gegenüber dem Kläger erklärt. Dieser Äußerung war ein Schriftwechsel zwischen der Testamentsvollstreckerin und den Erben vorangegangen, in der diese die Erben dazu aufgefordert hatte, eine gegenteilige Meinung ausdrücklich zu äußern. Von diesem Schriftwechsel hatte der Kläger Kenntnis."
Der Umkehrschluss aus der genannten BGH-Entscheidung ist nicht zwingend. Zwar differenziert der BGH zwischen streitigen und unstreitigen Pflichtteilsansprüchen, hat aber gerade keine Aussage getroffen, wie im Falle der unstreitigen Pflichtteilsansprüchen zu entscheiden wäre. Hierzu hat er sich nämlich nicht geäußert. Richtigerweise kann der Testamentsvollstrecker auch nicht unstreitige Ansprüche mit Wirkung gegen Erben anerkennen. Allerdings ist die Entscheidung des OLG München letzten Endes richtig, denn der Testamentsvollstrecker hatte eine Duldungsvollmacht und konnte so die Erben rechtsgeschäftlich vertreten. Dies hat das OLG in seiner Begründung jedoch leider nicht differenziert dargestellt.
Rz. 350
Ist ein zu hoher Pflichtteil anerkannt worden, haftet der Testamentsvollstrecker nach Maßgabe des § 2219 BGB.
Rz. 351
Aber auch Anerkenntnisse des Erben können u.U. den Testamentsvollstrecker nicht binden. Wenn z.B. ein Erbe einen zu hohen Pflichtteil gegenüber dem Erben anerkennt, ist hieran der Testamentsvollstrecker selbst nicht gebunden. Der Erbe benötigt also weiterhin einen Duldungstitel gem. § 748 Abs. 3 ZPO gegen den Testamentsvollstrecker.
Praxishinweis
Wollen die Erben, dass der Testamentsvollstrecker eine Summe an den Pflichtteilsberechtigten ausbezahlt, sollte der Testamentsvollstrecker überprüfen, ob nicht vorrangige Ansprüche (vgl. dazu auch § 327 InsO) zunächst zu erfüllen sind. Ferner sollte aufgrund des Kürzungsrechts aus § 2318 BGB ein Pflichtteil vor Erfüllung von Auflagen und Vermächtnissen berechnet werden.
Rz. 352
Wenn die Erben hingegen der Ansicht sind, der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten sei zu hoch, und erkennen nur einen zu niedrigen Wert an, stellt sich für den Testamentsvollstrecker die Frage, ob er dennoch den höheren Anspruch anerkennt und ausbezahlt. Ein Anerkenntnis würde die Erben nicht binden.
Praxishinweis
Da Schadensersatzansprüche aus § 2219 BGB nur der Erbe und der Vermächtnisnehmer, nicht aber der Pflichtteilsberechtigte gegen den Testamentsvollstrecker geltend machen können, ist es ratsam, wenn er sich vom Erben den Wunsch nach Auszahlung bestätigen lässt. Nach erfolgter Zustimmung hat der Erbe keinen Schadensersatzanspruch.
Der Testamentsvollstrecker ist daher zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen nur berechtigt, wenn es sich um unstreitige Forderungen handelt. Dabei ist er zur Erfüllung einer un...