I. Allgemeines
Rz. 384
Hat der Testamentsvollstrecker eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, so kann er nach § 2219 BGB haften. Handelt es sich bei dem Testamentsvollstrecker um eine Person mit besonderen Qualifikationen, wie z.B. die eines Rechtsanwalts, ist der Maßstab dieses Berufes ausschlaggebend. Ist der Testamentsvollstrecker Berufsträger, wie Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater etc., ist fraglich, ob nicht auch besondere berufsrechtliche Haftungsnormen wie in § 51b BRAO oder § 19 BNotO anzuwenden sind. Als Grundlage für die Abgrenzung dient hierbei § 1835 Abs. 3 BGB. Danach haftet der Anwalts-Testamentsvollstrecker nach den Vorschriften der BRAO für einen Prozess mit Anwaltszwang. Hingegen haftet er nach § 2219 BGB, wenn er eine Tätigkeit ausübt, die jedermann ausüben kann.
Auch wenn den Testamentsvollstrecker selbst kein Verschulden trifft, haftet er für das Verschulden bzgl. seiner Hilfskräfte nach §§ 2218, 664, 278 BGB. Ferner kann ihn ein Überwachungsverschulden treffen, wenn er Fachkräfte wie z.B. einen Steuerberater für die Steuererklärung hinzuzieht und den Fehler des eingeschalteten Beraters bei zumutbarer Aufmerksamkeit hätte erkennen und verhindern können.
Neben einer Haftung aus § 2219 BGB kommen als Haftungsgrundlage ggf. auch die §§ 823 ff. BGB in Frage, wenn eine unerlaubte Handlung vorliegt. Allerdings führt § 2219 BGB zu einer weit reichenden Haftung, die auch bei Fahrlässigkeit des Testamentsvollstreckers die Haftung für Vermögensschäden umfasst. Ferner ist die Haftungsnorm des § 69 AO bei der Verletzung steuerlicher Pflichten des Testamentsvollstreckers zu beachten. Eine Haftung aus § 2219 BGB hat regelmäßig die Entlassung nach Einleitung eines Verfahrens nach § 2227 BGB zur Folge.
II. Anspruchsinhaber
Rz. 385
Der Testamentsvollstrecker haftet zunächst gegenüber dem Erben und dem Vorerben. Der Nacherbe wird erst mit Eintritt des Nacherbfalls zum Erben, und ist somit noch nicht Haftungsgläubiger aus § 2219 BGB. Bei mehreren Erben sind diese Gesamtgläubiger des Haftungsanspruchs. Wurde allerdings nur ein Erbe geschädigt, so steht ihm auch nur das alleinige Recht zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs zu. Neben den Erben haftet der Testamentsvollstrecker auch dem Vermächtnisnehmer, soweit er ein Vermächtnis zu vollziehen hat. Gegenüber allen anderen Nachlassbeteiligten, wie z.B. den Pflichtteilsberechtigten oder Auflagenbegünstigten, besteht keine Haftung nach § 2219 BGB. Wenn dem Auflagenbegünstigten aber ein Vermögensvorteil, wie bspw. im Rahmen einer Wertauflage, zugewendet wird, so ist ihm ein Haftungsanspruch zuzubilligen, da er dann der Rechtsstellung eines Vermächtnisnehmers quasi gleichkommt. Eine eigene Haftung des Erben ist ggf. über § 278 BGB möglich, wenn der Testamentsvollstrecker eine Pflicht schuldhaft verletzt hat. In einem derartigen Fall hat aber der Erbe Anspruch auf Haftungsbefreiung gegenüber dem Testamentsvollstrecker.
III. Haftungsdauer und -schuldner
Rz. 386
Für die Dauer der Haftung gibt es keine zeitliche Begrenzung. Dabei gilt aber folgende Differenzierung:
Status |
Haftungsnorm |
Tätigkeit vor Annahme der Testamentsvollstreckung: |
§ 2219 BGB analog |
Tätigkeit nach Beendigung der Testamentsvollstreckung: |
Handlungen sind unwirksam; bei unaufschiebbaren Handlungen aber § 2219 BGB analog |
Nach dem Tod des Testamentsvollstreckers: |
§§ 2218 Abs. 1, 673 S. 2 BGB → § 2219 BGB analog |
Vermeintlicher Testamentsvollstrecker: |
§ 2219 BGB analog |
Rz. 387
Eine Befreiung von der Haftung durch den Erblasser im Rahmen einer letztwilligen Verfügung ist nicht möglich. Der Erbe hat lediglich die Möglichkeit, einen bereits entstandenen Schadensersatzanspruch zu erlassen oder aber durch einen Verzichtsvertrag für die Zukunft die Haftung des Testamentsvollstreckers auszuschließen, wobei ein Ausschluss für vorsätzliche Pflichtverletzungen nicht möglich ist.
IV. Einzelne Haftungsvoraussetzungen
Rz. 388
Die Haftung des Testamentsvollstreckers hat mehrere Voraussetzungen:
▪ |
objektive Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtung; |
▪ |
subjektives Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit); |
▪ |
haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität. |
Rz. 389
Die vom Testamentsvollstrecker zu beachtenden Pflichten ergeben sich sowohl aus dem Willen des Erblassers als auch aus dem Gesetz gem. § 2216 Abs. 1 BGB (ordnungsgemäße Verwaltung).
Rz. 390
Die Beweislast für eine nicht in eine Verfügung von Todes wegen niedergelegte Willensäußerung trägt der Testamentsvollstrecker. Etwaige Weisungen der Erben spielen keine Rolle.
Ob tatsächlich eine Pflichtverletzung vorliegt, hängt wiederum von den Aufgaben d...