I. Allgemeines
Rz. 415
Der Testamentsvollstrecker kann gegen seinen Willen nach Maßgabe des § 2227 BGB entlassen werden. Das Antragsverfahren wird durch formlosen Antrag beim Nachlassgericht eingeleitet. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung kann der Entlassungsantrag jederzeit zurückgenommen werden. Das Zivilgericht ist nicht zuständig. § 2212 und § 2213 BGB sind nicht anwendbar. Ferner kann das Nachlassgericht nicht von Amts wegen tätig werden. Liegt eine letztwillige Schiedsklausel vor, so kann nach § 1066 ZPO die Entlassung dem staatlichen Gericht entzogen werden. Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts ergibt sich aus §§ 343 ff. FamFG. Der Entlassungsantrag kann nach § 2227 Abs. 1 BGB von jedem Beteiligten gestellt werden, wobei der sog. materielle Beteiligten-Begriff gilt. Somit sind antragsberechtigt: Erbe, Miterbe, der seinen Erbteil nach § 2033 BGB veräußert oder verpfändet hat, Vorerbe, Nacherbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigter, Auflagenberechtigter (nicht aber der Auflagenbegünstigte), Mitvollstrecker, der bestimmungsberechtigte Dritte nach § 2198 BGB. Hingegen sind nicht antragsberechtigt: Auflagenbegünstigter, Nachlassgläubiger, Eigengläubiger des Erben, die den Erbteil gepfändet haben, Staatsanwaltschaft, Finanzämter, Grundbuchämter oder sonstige Behörden.
Der Antrag kann auch nicht von einem Minderjährigen gestellt werden, da aufgrund der Kostenpflicht bei Unterliegen kein lediglich rechtlicher Vorteil i.S.d. § 107 BGB besteht. Regelmäßig wird daher die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1882 BGB n.F. (§ 1913 BGB a.F.) bzw. notwendig sein, insbesondere in den Fällen des § 1638 BGB oder wenn der gesetzliche Vertreter Testamentsvollstrecker ist gem. §§ 1789 n.F. (1796 a.F.), 181 BGB.
Rz. 416
Über den Entlassungsantrag entscheidet nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 RPflG der Nachlassrichter, der nach Vorliegen eines Antrags alle erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen vorzunehmen und sich nicht auf die Prüfung der im Antrag enthaltenen Gründe beschränken darf, wobei ihm allerdings vom Gesetzgeber Ermessen zugebilligt wurde. Grundsätzlich ist vor der Entscheidung dem Testamentsvollstrecker rechtliches Gehör zu gewähren. Die formlose Anhörung kann auch noch in der zweiten Tatsacheninstanz durch das Beschwerdegericht nachgeholt werden. Die weiteren Verfahrensbeteiligten sind ebenfalls formlos anzuhören. Die durch Beschluss ergehende Entscheidung wird mit der Zustellung an den Testamentsvollstrecker wirksam. Hierdurch endet auch das Amt des Testamentsvollstreckers. Gegen den Entlassungsbeschluss kann der Testamentsvollstrecker das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG mit einer Frist von einer einem Monat einreichen, wobei die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, bis das Beschwerdegericht die Entlassungsverfügung aufhebt. Die in der Zwischenzeit bis zur Aufhebung des Entlassungsbeschlusses vom Testamentsvollstrecker getätigten Rechtsgeschäfte sind aber wirksam.
Rz. 417
Ist dem Testamentsvollstrecker durch die letztwillige Verfügung das Recht der Ernennung eines Nachfolgers eingeräumt worden, so muss ihm vor dem Wirksamwerden seiner Entlassung Gelegenheit gegeben werden, von diesem Recht Gebrauch zu machen.
Rz. 418
Eine vorübergehende Entlassung ist ebenso unzulässig wie eine durch einstweilige Anordnung des Nachlassgerichts vorläufige Amtsenthebung. Gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichtes muss die befristete Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG eingelegt werden. Hebt das OLG die Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht auf, so tritt die Wirkung dieser Aufhebung erst mit seiner Rechtskraft ein, sofern nicht das OLG die sofortige Wirksamkeit angeordnet hat.
Rz. 419
Problematisch ist, inwieweit die Beurteilungs- und Ermessensentscheidungen des Nachlassgerichts überprüft werden können. Die tatsächliche Beurteilung des Nachlassgerichts kann vom Rechtsbeschwerdegericht nicht nachgeprüft werden, die Beurteilungs- und Ermessensentscheidung nur insoweit, als ein Rechtsfehler zugrunde liegt. Die Entscheidungen der Tatsacheninstanzen müssen jedoch in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung so begründet werden, dass ersichtlich ist, welche Tatsachen für erwiesen erachtet werden, welche nicht, und wie der festgestellte Sachverhalt rechtlich beurteilt wird.