Rz. 308
Ausgangsnorm für das Aktivprozessführungsrecht des Testamentsvollstreckers ist § 2212 BGB. Danach kann ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht nur von ihm gerichtlich geltend gemacht werden.
1. Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers im Aktivprozess
Rz. 309
Der Testamentsvollstrecker ist nicht Vertreter der Erben oder des Nachlasses. Ebenso ist er nicht Treuhänder für die Erben. Das private Amt ist dem Testamentsvollstrecker durch den Erblasser übertragen worden, so dass er es Kraft eigenen Rechts fremdnützig nach dem Gesetz und unabhängig vom Willen des Erblassers ausübt. Als Träger eines eigenen Amtes hat er gegenüber den Erben eine weitgehend freie Stellung. Trotz dieser reinen Amtsfunktion ist die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers der eines gesetzlichen Vertreters angenähert.
Rz. 310
Im Prozess ist der Testamentsvollstrecker nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Partei kraft Amtes. Er klagt somit im eigenen Namen und auch auf Leistung an sich, obwohl die Erben Eigentümer des Nachlasses sind.
Rz. 311
Dementsprechend kann er nach den Vorschriften der §§ 445 ff. ZPO auch als Partei vernommen werden. Gleichsam kann der Erbe nach §§ 373 ff. ZPO als Zeuge fungieren, sofern er nicht Streitgenosse des Testamentsvollstreckers ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sowohl dem Testamentsvollstrecker als auch dem Erben durch den Erblasser nach § 2208 BGB das Prozessführungsrecht übertragen wurde (siehe dazu Rdn 314).
Rz. 312
Das richtige Rubrum lautet daher:
Muster 16.3: Aktivrubrum
Muster 16.3: Aktivrubrum
In dem Rechtsstreit
des Rechtsanwaltes _________________________ als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am _________________________ verstorbenen _________________________
– Kläger –
gegen
_________________________
– Beklagter –
Muster 16.4: Passivrubrum
Muster 16.4: Passivrubrum
In dem Rechtsstreit
der Frau _________________________
– Klägerin –
gegen
den Rechtsanwalt _________________________ als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am _________________________ verstorbenen _________________________
– Beklagter –
2. Aktivlegitimation des Testamentsvollstreckers
Rz. 313
Das Prozessführungsrecht des Testamentsvollstreckers im Aktivprozess nach § 2212 BGB verdrängt die Prozessführungsbefugnis des Erben. Allerdings ist der Testamentsvollstrecker nur befugt, ein seiner Verwaltung unterliegendes Recht gerichtlich geltend zu machen. Erheben die Erben dennoch ohne Prozessführungsbefugnis eine Klage oder erhebt der Testamentsvollstrecker außerhalb seiner Verwaltungsbefugnis eine Klage, sind diese wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung als unzulässig abzuweisen. Ein unter Verkennung der Prozessführungsbefugnis der Erben erstrittenes Urteil wirkt nicht gegen den Testamentsvollstrecker.
Rz. 314
Die Prozessführungsbefugnis folgt regelmäßig dem materiell-rechtlich bestehenden Verfügungsrecht, beim Testamentsvollstrecker folgt sie jedoch aus seiner Verfügungsbefugnis nach § 2205 BGB. Die Ausnahme bildet hierbei § 265 ZPO, wenn der Anspruch vom Testamentsvollstrecker abgetreten oder veräußert wurde. Gleiches gilt bei der Teilverwaltung nach § 2213 Abs. 1 S. 2 BGB.
3. Umfang der Aktivlegitimation des Testamentsvollstreckers
a) Klagen als Testamentsvollstrecker
Rz. 315
Der Umfang des Prozessführungsrechts des Testamentsvollstreckers hängt vom Umfang seines Verwaltungsrechts ab. Zunächst ist daher zu prüfen, ob der Erblasser nach § 2208 BGB das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers eingeschränkt hat. Anderenfalls ist der Testamentsvollstrecker grundsätzlich zu jeder Art der gerichtlichen Geltendmachung des seiner Verwaltung unterliegenden Nachlasses berechtigt. Neben allen Arten von Zivilklagen und der Durchführung von Zwangsvollstreckungsverfahren kann der Testamentsvollstrecker auch einen Antrag auf Teilungsversteigerung nach § 175 ZVG oder das Aufgebot der Nachlassgläubiger gem. § 991 Abs. 2 ZPO stellen. Ebenso kann er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 317 InsO beantragen.
Rz. 316
Unterliegt der gesamte Nachlass der Testamentsvollstreckung, kann der Testamentsvollstrecker in dieser Eigenschaft auch den Erbschaftsanspruch geltend machen. Sofern der Testamentsvollstrecker im Rahmen eines Prozesses verzichtet, anerkennt oder einen Vergleich abschließen will, sind auch die Anordnungen des Erblassers nach § 2208 BGB und das Schenkungsverbot nach § 2205 S. 3 BGB zu berücksichtigen. Verstößt der Testamentsvollstrecker gegen diese Anordnungen bzw. das Schenkungsverbot, tritt keine Verfahrensbeendigung ein, was nach der h.M. wegen der Doppelnatur der Prozesshandlung und der Nichtigkeit der m...