Rz. 99
Problematisch sind die Fälle, in denen der Testamentsvollstrecker zugleich gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen Erben ist. Dann stellt sich die Frage, ob zur Wahrnehmung der Rechte aus § 2218 BGB ein Pfleger bestellt werden muss. Nach der alten OLG Rspr. ist grundsätzlich bei einer Doppelbestellung als gesetzlicher Vertreter und Testamentsvollstrecker immer eine Ergänzungspflegschaft anzuordnen. Dies wird mit dem Interessengegensatz i.S.v. § 1629 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 1789 BGB n.F. (§ 1796 BGB a.F.) begründet. Dieser Gegensatz sei so erheblich, dass er die Wahrung der Aufgaben der beiden Ämter durch ein und dieselbe Person ausschließt.
Rz. 100
Demgegenüber hält das neuere Schrifttum fast einhellig die Bestellung eines Ergänzungspflegers in den Fällen für entbehrlich, in denen der betreffende Elternteil unabhängig von seiner Stellung als Testamentsvollstrecker nach § 1640 Abs. 1 BGB ohnehin verpflichtet ist, ein Verzeichnis über das von Todes wegen erworbene Vermögen zu erstellen und dieses mit der Versicherung auf Vollständigkeit dem Familiengericht vorzulegen. Sofern der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Doppelfunktion als gesetzlicher Vertreter das Nachlassverzeichnis entgegennimmt, sei § 181 BGB nicht anwendbar, da die Überprüfung des Nachlassverzeichnisses selbst kein Rechtsgeschäft darstellt. Gegen die Bestellung eines Ergänzungspflegers spricht zudem, dass ein gesetzlicher Vertreter über die Dauer seiner elterlichen Gewalt dem Familiengericht gegenüber nicht rechenschaftspflichtig ist. Eine Ausnahme bilden lediglich die §§ 1666, 1667 BGB, wonach die Eltern dann rechenschaftspflichtig sind, wenn sie ihr Vermögenssorgerecht missbraucht haben.
Rz. 101
Den Eltern als gesetzlichen Vertretern muss auch nicht insoweit nach § 1667 BGB die Vermögenssorge entzogen werden, als es um die Überprüfung der Rechenschaftslegung geht. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1667 BGB sind nicht gegeben, denn es fehlt an einer Pflichtverletzung mit der Folge der Vermögensgefährdung. Die bloße Möglichkeit eines Interessenkonflikts ist kein ausreichender Grund, dem gesetzlichen Vertreter die Vermögenssorge zu entziehen. Dieser richtigen Ansicht ist der BGH beigetreten und die weitere Rspr. ist dem gefolgt. Dennoch ist in der Praxis anzuraten, dass der gesetzliche Vertreter als Testamentsvollstrecker das Recht nach § 2199 BGB haben soll. Folgende Formulierung könnte z.B. lauten:
"Zudem ermächtige ich den Testamentsvollstrecker, einen oder mehrere Mitvollstrecker gemäß § 2199 Abs. 1 BGB zu ernennen. Jedoch beschränke ich gemäß §§ 2208, 2224 Abs. 1 S. 3 BGB den Aufgabenkreis und die Rechte des jeweiligen Mitvollstreckers auf die Bereiche, die dem ernennenden Testamentsvollstrecker bzw. dem gesetzlichen Vertreter aufgrund einer Interessenkollision von der Verwaltung rechtlich entzogen sind bzw. bei denen er in seiner Amtsausübung gehindert ist."
Entgegen § 2224 BGB übt jeder Testamentsvollstrecker das Amt allein und nicht gemeinschaftlich aus.