Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 14
Bei vielen Erben und Stiftungen bestehen vollkommene Fehlvorstellungen im Umgang mit dem Testamentsvollstrecker. Wie gegenüber einem Insolvenzverwalter wird häufig sofort ein Feindbild aufgebaut, noch bevor der Testamentsvollstrecker überhaupt die Chance hatte, mit den Erben zu sprechen. Es herrscht eine Situation der Sprachlosigkeit, die gleichsam automatisch dazu führt, dass, sich die Beteiligten auf Rechtspositionen zurückziehen. Häufig sind diese Rechtspositionen zudem noch von Fehlvorstellungen geprägt, die sich auch nicht so schnell auflösen, weil erfahrungsgemäß beide beteiligten Seiten die Inanspruchnahme professionellen Rates lange Zeit ablehnen. Gefragt sind hier in besonderem Maße Berater, die nicht nur über angelesenes, sondern auf Erfahrung basierendes Wissen verfügen und über die notwendige Portion Empathie. Zu dieser sollten sie nicht nur fähig, sondern auch bereit sein.
I. Verwaltungsvereinbarung treffen
Rz. 15
Selbst gestaltungstechnisch missglückte Testamentsvollstreckeranordnungen lassen sich im Interesse aller an der Nachlassabwicklung Beteiligter "retten", wenn es gelingt, zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker über die wechselseitigen Rechte und Pflichten zu gelangen. Natürlich kann niemand gezwungen werden, eine solche Vereinbarung abzuschließen, die forensische Praxis zeigt aber doch deutlich, dass ein (vermeintlich) schlechter Vergleich immer noch besser ist, als jahrelange Auseinandersetzungen mit unabsehbaren finanziellen und emotionalen Belastungen in Kauf zu nehmen. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass im Bereich professioneller Nachlassabwicklungen, wie sie bei großen gemeinnützigen Organisationen vorherrschen, im ersten Schritt versucht wird, Grundsätze einer einvernehmlichen Abwicklung der Testamentsvollstreckung zu vereinbaren.
Praxishinweis
Eine Verwaltungsvereinbarung sollte sich immer an den Erfordernissen des konkreten Einzelfalles orientieren. Hier erweist es sich als besonders hilfreich, einen erfahrenen Berater hinzuzuziehen. Erfahrenes Wissen ist in diesen Fällen dem angelesenen Wissen immer überlegen.
II. Kontrollrechte nutzen
Rz. 16
Den umfassenden Rechten des Testamentsvollstreckers stehen im wesentlichen Informationspflichten gegenüber, und zwar hinsichtlich Benachrichtigung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung. Rechtsgrundlage für diese Informationspflichten sind die §§ 2218, 666 BGB. Aus der Sicht der Erben gilt es, diese Pflichten auch einzufordern. Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht sind durch den Testamentsvollstrecker nicht unaufgefordert zu erfüllen, sondern bedürfen der Geltendmachung durch den Erben. Es ist unverständlich, dass viele Erben in der Praxis hiervon keinen oder erst zu einem sehr späten Zeitpunkt Gebrauch machen, obschon der Gesetzgeber durch die Einbeziehung des § 2218 BGB in den Kreis der indisponiblen Vorschriften des § 2220 BGB den hohen Stellenwert dieser Kontrollrechte der Erben verdeutlicht hat. Die gleiche Beobachtung ist in der Praxis im Übrigen bezüglich der Erstellung des Nachlassverzeichnisses nach § 2215 BGB zu machen.
Rz. 17
Im Rahmen des Auskunftsbegehrens ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, dem Erben den Kenntnisstand zu verschaffen, den er benötigt, um seine jeweilige Rechtsposition richtig und umfassend beurteilen zu können. Die Rechnungslegung muss vollständig, verständlich, übersichtlich und nachprüfbar sein. Übliche Belege sind vorzulegen. Unrichtige oder unvollständige Angaben sind mit der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 259 Abs. 2 BGB sanktioniert. Kommt der Testamentsvollstrecker seiner Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht nicht nach, kann der Anspruch durch den Erben vor dem Prozessgericht klageweise durchgesetzt werden.
III. Regressansprüche geltend machen
Rz. 18
Einen Kontrapunkt zur starken Stellung des Testamentsvollstreckers hat der Gesetzgeber mit der Haftungsverpflichtung nach § 2219 BGB geschaffen. Auch von dieser Verpflichtung kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht befreien, § 2220 BGB. Dies betrifft auch sog. Umgehungsregelungen, wie z.B. die Einräumung eines Vermächtnisses zugunsten des Testamentsvollstreckers in Höhe eines etwaigen Haftungsanspruches. Die Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers sind durchaus umfassend. Sie reichen von der Überprüfung der letztwilligen Verfügungen über das Verbot, unwirksame Vermächtnisse zu erfüllen, dem Gebot, erforderliche Prozesse zu führen und überflüssige zu unterlassen bis hin zu der Verpflichtung, sich nicht nur mit einem mäßigen Erfolg seiner Tätigkeit zu begnügen.
IV. Entlassung betreiben
Rz. 19
Das Amt des Testamentsvollstreckers setzt kein Vertrauensverhältnis voraus. Der Testamentsvollstrecker soll im Gegenteil den Willen des Erblassers unbeeinflusst von den Interessen Dritter ausführen. § 2227 Abs. 1 BGB gibt dem Erben jedoch die Möglichkeit, die Entlassung des Testamentsvollstreckers gegen dessen Willen zu betreiben, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Exemplarisch verweist das Gesetz auf eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäf...