Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
1. Sachverhalt
Rz. 35
Die Erblasserin möchte eine Stiftung errichten. Für eine umfassende Beratung ist es jedoch aufgrund ihres sehr angegriffenen Gesundheitszustandes zu spät. In einem Nottestament bestimmt sie, dass der Testamentsvollstrecker die Stiftung gemäß ihrem (eventuell näher ausgeführten) Willen errichten soll. Gleichzeitig macht sie diese Stiftung zu ihrer Erbin.
2. Problembeschreibung
Rz. 36
Viele Menschen machen sich erst im Angesicht des nahenden Todes Gedanken darüber, wie sie ein Zeichen der Dankbarkeit für ihr gelungenes Leben setzen können. Gerade bei ernsthaften Erkrankungen aber reicht die Zeit für eine sorgfältig geplante Nachfolgegestaltung oftmals nicht mehr. Hier gilt es, schnell wirksame Lösungen zu entwickeln.
3. Lösungsansatz
Rz. 37
Das Rechtsinstitut der Testamentsvollstreckung kann hier seine gesamten Vorzüge ausspielen. Zwar kann der Erblasser gem. § 2065 Abs. 2 BGB keinem Dritten die Bestimmung derjenigen Person überlassen, die eine Zuwendung erhalten soll. Auch kann er eine rechtlich nicht existierende juristische Person nicht zum Empfänger des Nachlasses machen. § 84 BGB macht hiervon jedoch eine Ausnahme: Wird eine Stiftung nach dem Tod des Stifters als rechtsfähig anerkannt, so gilt sie für Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden. Der Testamentsvollstrecker kümmert sich also im Sinne des Erblassers um die Einholung der Anerkennung der Stiftung. Einen Verstoß gegen § 2065 BGB würde es allerdings darstellen, wenn dem Testamentsvollstrecker die Stiftungsgründung vollständig überlassen bliebe.
Rz. 38
Etwaige Satzungsmängel werden dem Stifterwillen entsprechend ergänzt (§ 83 S. 2 BGB). Nach der Anerkennung (§ 84 BGB) wird das Vermögen an die (neu gegründete) Stiftung übertragen, womit der Erblasserwille umgesetzt ist. Schnelles Agieren durch einen versierten Testamentsvollstrecker bringt noch weitere Vorteile: Die Stiftung kann erst mit ihrer Anerkennung begünstigter Zuwendungsempfänger für Spenden werden.
Rz. 39
Wenn es neben der Stiftung noch Miterben gibt, schließt der Einsatz eines Testamentsvollstreckers z.B. eine sonst jederzeit mögliche Versteigerung eines Grundstücks zum Zweck der Aufhebung der Erbengemeinschaft aus, auch dann, wenn der Anteil eines Miterben von dessen Gläubiger gepfändet wurde. Die richtig gestaltete Testamentsvollstreckung macht – auch und gerade – für den Fall, dass eine noch zu gründende Stiftung Alleinerbin werden soll, die gerichtliche Anordnung einer unkalkulierbaren und kostenträchtigen Nachlasspflegschaft entbehrlich.
Beraterhinweis
In Einzelfällen lässt es die Rechtsprechung sogar genügen, dass lediglich das Testament mit Testamentsvollstreckeranordnung formgültig errichtet wird, die Satzung der Stiftung hingegen maschinenschriftlich beigefügt wird. Noch weiter gehen Ansätze in der Literatur. Danach soll es in bestimmten Grenzen zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers gehören, die eigentlich unwirksame "Erbeinsetzung von drei Stiftungen mit sozialem Zweck" auf einem anderen als dem erbrechtlichen Wege, konkret durch Verhandlungen mit den gesetzlichen Erben, umzusetzen.
Gestaltungshinweis
Eine empfehlenswerte Alternative ist das sog. "Anstiften". Hierbei gründet der Stifter alternativ zu einer Regelung erst nach seinem Tod bereits zu Lebzeiten die Stiftung mit einem geringen Betrag und nimmt die "Hochdotierung" im Rahmen einer letztwilligen Verfügung durch den Testamentsvollstrecker vor. Nebenbei kann er damit im Rahmen der Abschmelzungsregelung Pflichtteilsansprüche reduzieren und ggf. einkommensteuerliche Effekte zu Lebzeiten noch für sich selbst nutzen. Die Identifikation mit dem eigenen Lebenswerk dient daneben auch der Mobilisierung zukünftiger ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Stiftung.