I. Allgemeines
Rz. 468
Nach § 2224 BGB kann der Erblasser mehrere Testamentsvollstrecker benennen. Die Ernennung selbst erfolgt nach Maßgabe der §§ 2197 bis 2200 BGB, wobei keine zahlenmäßige Beschränkung besteht. Der Vorteil der Ernennung mehrerer Testamentsvollstrecker liegt darin, dass so eine Verteilung der Verantwortung und gegenseitige Kontrolle geschaffen werden können. Dies bietet sich insb. bei größeren Nachlässen an.
II. Gemeinschaftliche Amtsführung gemäß § 2224 Abs. 1 BGB
Rz. 469
Nach § 2224 Abs. 1 S. 1 BGB müssen alle Testamentsvollstrecker das Amt gemeinschaftlich führen. Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, entscheidet das Nachlassgericht, es sei denn, der Erblasser hat Abweichendes angeordnet.
Rz. 470
Ein gleichzeitiges Handeln aller Testamentsvollstrecker ist nicht notwendig. Handelt ein Testamentsvollstrecker allein, so wird die Verfügung jedoch erst wirksam, wenn die übrigen Vollstrecker nachträglich das Rechtsgeschäft gem. § 185 Abs. 1 BGB genehmigen. Fehlt die Genehmigung eines Mitvollstreckers, so ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam. Sofern einem handelnden Testamentsvollstrecker von den weiteren Testamentsvollstreckern Generalvollmacht erteilt wurde, ist darauf zu achten, dass das Gesamtvollstreckungsprinzip des § 2224 BGB nicht umgangen wird. So ist eine derartige Generalvollmacht nur dann wirksam, wenn sie sich auf einzelne Geschäfte beschränkt und widerruflich ist.
III. Ausnahme vom Gesamtvollstreckungsprinzip gemäß § 2224 Abs. 2 BGB
Rz. 471
Nach § 2224 Abs. 2 BGB ist ausnahmsweise jeder Testamentsvollstrecker berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Testamentsvollstrecker diejenigen Maßnahmen, die zur Erhaltung eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstandes notwendig sind, auszuführen. Ebenso kann jeder einzelne Testamentsvollstrecker bei Meinungsverschiedenheiten allein das Nachlassgericht anrufen. Bei der Gesamtvollstreckung stellt sich für Dritte häufig das Problem, dass diese nicht wissen, dass tatsächlich Gesamtvollstreckung angeordnet ist und nicht nur eine einzelne Testamentsvollstreckung. Sämtliche Rechtsgeschäfte bleiben schwebend unwirksam, solange nicht die anderen Testamentsvollstrecker ihre Genehmigung erteilt haben. Beruft sich der Dritte auf eine Anscheinsvollmacht gem. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB oder auf eine ausdrückliche Erklärung des Testamentsvollstreckers, er handele im Namen auch der weiteren Gesamtvollstrecker, so bleibt dennoch das Rechtsgeschäft gegenüber dem Nachlass schwebend unwirksam, da eine tatsächliche Bevollmächtigung notwendig ist. Dann haftet aber der erklärende oder handelnde Testamentsvollstrecker nach Maßgabe des § 179 BGB. Mit Ausnahme der wirksamen Bevollmächtigung eines einzelnen Testamentsvollstreckers und einer abweichenden Anordnung müssen alle Amtsführungen gemeinschaftlich vorgenommen werden, wie z.B. das Stellen eines Antrags auf Grundbuchberichtigung, eines Antrags, Verwaltungsanordnungen gem. § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB aufzuheben sowie ein Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.
IV. Entscheidung bei Meinungsverschiedenheit unter Gesamtvollstreckern
Rz. 472
Nach § 2224 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB entscheidet bei Meinungsverschiedenheit unter mehreren Testamentsvollstreckern das Nachlassgericht. Im Einzelnen ist zu differenzieren, welche Art von Meinungsverschiedenheit zwischen den Testamentsvollstreckern besteht. Zum einen kann es darum gehen, wie das einzelne Amt auszuüben ist, zum anderen kann auch die Beantwortung einer Auslegungsfrage des Testaments problematisch sein. Bereits aus dem Wortlaut des § 2224 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB ergibt sich, dass das Nachlassgericht bei Meinungsverschiedenheiten nur Fragen der Art und Weise der Amtsausübung entscheiden kann. Bei den anderen Fragen ist lediglich das Prozessgericht entscheidungsbefugt. Antragsberechtigt ist jeder Mitvollstrecker allein. Entgegen der überwiegenden Ansicht ist sonstigen Beteiligten, wie dem Erben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten, kein Antragsrecht zuzubilligen, da diesen die Möglichkeit aus § 2216 BGB zusteht, direkt vor dem Prozessgericht zu klagen. Andernfalls könnte es auch zu einer Entscheidungsdivergenz kommen. Unstreitig wird dem Dritten, der das Rechtsgeschäft schließen will, kein Antragsrecht zugebilligt.
Rz. 473
Der Richter ist gem. § 16 Abs. 1 Nr. 4 RPflG funktionell zuständig. Das Nachlassgericht prüft in mehreren Schritten. Zunächst ist zu prüfen, ob die beabsichtigte Maßnahme mit dem Gesetz bzw. der letztwilligen Verfügung des Erblassers vereinbar ist. Anschließend ist die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Rechtsgeschäfts zu prüfen. Prüfungsgegenstand ist somit nur ein tatsächliches Verhalten des Testamentsvollstreckers, das in Ausführung der Verwaltungsaufgabe vorgenommen wird. Insofern wird lediglich die sachliche Amtsführung überprüft. Das Nachlassgericht kann nur den von dem Testamentsvollstrecker vorgetragenen Vorschlag billigen oder ihn ablehnen bzw. in geringem Umfang modifizieren. Hingegen kann es nicht s...