1. Kindesunterhalt und Stichtagsprinzip
Rz. 29
Im Fallbeispiel hat der Unterhalt für das nichteheliche Kind und für die Kindsmutter die Lebensverhältnisse der Ehe von M und F1 nicht geprägt. Dies wäre aber bspw. anders, wenn das Kind vor Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wäre:
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
… Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn 69).
Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch, FamRZ 2011, 523, 524; Maier, FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Urteile vom 20.10.1993 – XII ZR 89/92 – FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25.2.1987 – IV b ZR 36/86 – FamRZ 1987, 456, 458 f.).
BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 32
Allerdings bleibt nach der Rechtsprechung des Senats eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet, ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen.
Dies gilt grundsätzlich insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst nach der Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn 26 m.w.N. und Senatsbeschluss vom 7.5.2014 – XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183 Rn 15 m.w.N.).
Anders verhält es sich jedoch ausnahmsweise, wenn die Unterhaltspflicht für den neuen Ehegatten – wenn auch auf einer anderen Anspruchsgrundlage beruhend – bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatte. Das ist hier der Fall, weil der Antragsteller schon vor der Scheidung von der Antragsgegnerin gegenüber seiner Lebensgefährtin (und späteren Ehefrau) zum Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB verpflichtet war und die – der Höhe nach im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht angegriffene – entsprechende Unterhaltsverpflichtung daher das die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Familieneinkommen reduziert hatte.
Die Auflösung der Konkurrenz zwischen dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt und dem Anspruch nach § 1615l BGB ist in einem solchen Fall – Geburt des nichtehelichen Kindes während bestehender Ehe – in der Dreiteilung auf der Bedarfsebene zu suchen (vgl. Fall 49a, siehe § 15 Rdn 25 ff.). Zwar bestimmt sich der Bedarf der nichtehelichen Kindsmutter zunächst nach deren Lebensstellung, doch ist Obergrenze der Bedarf, den die Kindsmutter hätte, wenn sie mit dem Kindsvater verheiratet wäre. Bei der Bedarfsbestimmung nach dieser fiktiven Ehe ist freilich zu berücksichtigen, dass eine unterhaltsberechtigte Ehefrau vorhanden ist.
Zur Dreiteilung in anderen Fällen siehe den folgenden Hinweis (Rdn 30 f.).
2. Dreiteilung (Gleichteilung) und zweimalige Halbteilung
Rz. 30
Der BGH hat es rechtsbeschwerderechtlich nicht beanstandet, bei Gleichrang im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit (§ 1581) mit der Dreiteilungsmethode zu rechnen.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
BGH, Beschl. v. 7.5.2014 – XII 258/13
Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281).
Rz. 31
In vielen Fällen ergeben sich nur geringe Unterschiede zwischen der Dreiteilungsmethode und dem oben aufgezeigten Lösungsweg. Allerdings kann die Dreiteilungsmethode dazu führen, dass der Unterhalt der zweiten Ehefrau/Partnerin angehoben wird und dadurch der Betrag des Bedarfes wie er nach den Vorgaben des BVerfG zu ermitteln ist, überschritten wird.
Die Dreiteilung hätte im Fallbeispiel folgendes Ergebnis:
Einkommen des M nach Abzug Kindesunterhalt – der Erwerbstätigenbonus ist auf der Stufe der Leistungsfähigkeit ohne Bedeutung: 4.241 EUR (5.100 – 429,50 – 429,50 EUR)
Einkommen der F1: 0 EUR
Einkommen des F2: 0 EUR
Summe: 4.241 EUR
Einzelbedarf von M, F1 und F2 (Dreiteilung): 4.241 EUR : 3 = 1.413 EUR
Ungedeckter Bedarf (Unterhaltshöhe)...