a) Mehrere Unfälle auf einer Fahrt
Rz. 21
Der Regressbetrag ist für jeden Schadensfall getrennt zu ermitteln. Verursacht der Versicherungsnehmer mehrere Unfälle, liegen mehrere Versicherungsfälle dann vor, wenn sich die Unfälle nach der Verkehrsanschauung nicht als Teil eines einheitlichen Geschehens darstellen, sich z.B. in einem zeitlichen Abstand von 30 Minuten ereignen (BGH NJW 2006, 292; OLG Celle zfs 2012, 513).
b) Zweifache Verletzung einer gleichartigen Obliegenheit
Rz. 22
Begeht der Versicherungsnehmer eine zweite gleichartige Obliegenheitsverletzung, d.h. verletzt er zwei Obliegenheitsverletzungen vor dem Versicherungsfall (z.B. Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit) oder zwei nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheiten (z.B. Nichtabgabe der Schadensmeldung nach einer Unfallflucht), kommt der zweiten Verletzung keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Hier ist nur ein einmaliger Regress in Höhe von max. 5.000 EUR möglich und zwar deshalb, weil bereits der erste Verstoß das schützenswerte Interesse des Versicherers umfassend verletzt hat und der zweite Verstoß keine eigenständige Wirkung mehr entfalten konnte. So ist z.B. das Aufklärungsinteresse des Versicherers bereits durch eine Unfallflucht umfassend verletzt, weshalb die anschließende Nichtabgabe der Schadensmeldung keine eigenständige zusätzliche Bedeutung mehr haben kann. Vergleichbares gilt im Falle eines Nachtrunkes nach einer Unfallflucht (OLG Brandenburg zfs 2004, 518; OLG Düsseldorf NZV 2005, 201).
c) Verletzung je einer vor und einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit
Rz. 23
Während sich wegen des damals geltenden "Alles-oder-nichts-Prinzip" in der Kaskoversicherung das Problem nicht stellte, waren in der KH-Versicherung beide Obliegenheitsverletzungen zu addieren, d.h. der Versicherer konnte bis max. 10.000 EUR regressieren (OLG Saarbrücken zfs 2003, 501; OLG Düsseldorf VersR 2004, 1406; BGH zfs 2006, 490; a.A. lediglich OLG Nürnberg zfs 2001, 316). Das wird gerechtfertigt mit dem unterschiedlichen Schutzzweck der vor und nach dem Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Obliegenheiten: Die vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllenden Obliegenheiten, z.B. die Trunkenheitsklausel, sollten gerade den Eintritt des Schadensfalles verhindern, während Aufklärungsobliegenheiten (z.B. Unfallflucht) der Schadensminderung und der Prüfung der Leistungsfreiheit dienen."
Es ist davon auszugehen, dass auch nach der Änderung des VVG diese Grundsätze für die KH-Versicherung fortgelten (so jetzt auch OLG Celle zfs 2012, 571; OLG Frankfurt zfs 2018, 450).
Eine Anwendung auch auf das Kaskorecht würde dagegen dem in der VVG-Reform zu Tage getretenen gesetzgeberischen Willen zuwiderlaufen und das "Alles-oder-nichts-Prinzip" durch die Hintertür wieder einführen."
Nicht gefolgt werden kann deshalb z.B. dem LG Kassel (zfs 2011, 33), wenn es die jeweiligen Kürzungsquoten einfach addiert und so in der Regel wieder zur Leistungsfreiheit kommt. Nach richtiger Auffassung muss die angemessene Quote vielmehr in einer Gesamtabwägung gefunden werden, die in der Regel nur in Fällen grober und gehäufter Obliegenheitsverletzung zu völliger Leistungsfreiheit führen kann.