Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1741
Wird ein Ehegatte lediglich aufgrund einer "familienrechtlichen Verpflichtung" im Unternehmen des anderen Ehegatten tätig, begründet sich hieraus noch kein Arbeits- oder Dienstverhältnis i.S.v. § 611 BGB. Eine entsprechende familienrechtliche Verpflichtung besteht für Ehegatten grds. nicht. Im Gegensatz zu der früheren Regelung in § 1356 Abs. 2 BGB sieht dessen aktuelle Fassung sogar für jeden Ehegatten das Recht vor, während der Ehezeit einer eigenständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Jeder Ehegatte kann somit seine Erwerbstätigkeit nach freiem Ermessen ausüben. Daher besteht eine familienrechtliche bzw. eherechtliche Pflicht zur Mitarbeit im Unternehmen des anderen Ehegatten nur noch ausnahmsweise i.R.d. "ehelichen Beistandspflicht" nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB, also nur noch in besonderen Zwangssituationen wie z.B. beim Aufbau und Gründung eines Unternehmens oder akuten Personalproblemen in einer freiberuflichen Praxis (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1356 Rn 6 m.w.N.; Dauner-Lieb/Wellenhöfer, BGB Bd. 4, Familienrecht, § 356 Rn 12; ErfK/Preis, § 611 Rn 133; Schulz, NZA 2010, 75) oder wenn es sich nur um eine gelegentlich ausgeübte und zeitlich beschränkte Aushilfstätigkeit handelt (LAG Rheinland-Pfalz v. 28.1.2002 – 7 Sa 1390/01, DB 2002, 2050).
Rz. 1742
Unbestritten ist, dass die nach § 1356 Abs. 2 BGB mögliche Erwerbstätigkeit des Ehegatten auch im Unternehmen des anderen Ehegatten ausgeübt werden kann. Ob dabei neben den eherechtlichen Beziehungen ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorliegt, richtet sich zunächst einmal nach dem Willen der Beteiligten, aber auch nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei spielen u.a. die Eingliederung in die betrieblichen Abläufe, aber auch die vertragliche Gestaltung – insb. die Höhe des gezahlten Arbeitsentgeltes – im Vergleich zu fremden Mitarbeitern eine entscheidende Rolle (vgl. u.a.: BSG v. 21.4.1993 – 11 RAr 67/92, NJW 1994, 341; LArbG Rheinland-Pfalz v. 20.8.2014 – 4 Sa 3/14 – juris; Schulz, NZA 2010, 75). Die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung allein genügt nicht, ein durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenes Arbeitsverhältnis anzunehmen. Erforderlich ist insoweit vielmehr, dass ein Ehegatte wissentlich und willentlich im Rahmen einer gegenüber ihm bestehenden persönlichen Abhängigkeit erbrachte Tätigkeiten des anderen Ehegatten als eine (vertraglich) geschuldete Dienstleistung entgegengenommen hat (so bereits: BAG v. 19.7.1973 – 5 AZR 46/73 – NJW 1974, 380).
Die Wirksamkeit eines entsprechenden Vertragsverhältnisses setzt aber nicht eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung voraus (Schaub, ArbRHB, § 36 VII 3, S. 222); der Arbeitsvertrag und die entsprechende Vergütung können auch stillschweigend und formlos vereinbart werden. In einem solchen Fall ist es aber zwingend erforderlich, dass sich diese formlose Einigung auf die wesentlichsten Punkte eines Arbeitsverhältnisses erstreckt. Die Einigung muss somit eine angemessene Vergütung festsetzen sowie eine klare Regelung über die Zahlung der Vergütung, die Abgrenzung des Tätigkeitsbereiches und die Arbeitszeit enthalten (Stuhrmann, NWB, F. 3, S. 7607). Fehlt die Festlegung des Arbeitslohns, so gilt eine "übliche Entlohnung" als vereinbart. Sofern allerdings ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert, gilt die Vermutung, dass dieser richtig und vollständig ist (LArbG Köln v. 13.8.2013 – 11 Sa 1156/12, juris; Schulz, NZA 2010, 76).
Rz. 1743
Die Ehegatten können zwischen Aushilfs-, Teilzeit- oder Vollbeschäftigung auf teilentgeltlicher oder vollentgeltlicher Basis wählen.