Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
a) Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten
Rz. 367
Für Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH sind grds. gem. § 13 GVG die ordentlichen Gerichte und nicht die ArbGe zuständig (vgl. OLG Köln v. 19.3.2018 – 18 U 95/17, juris Rn 4 ff. und 9 ff.; BAG v. 8.2.2022 – 9 AZB 40/21, juris; 13 ff.; BAG v. 8.9.2015 – 9 AZB 21/15, juris Rn 14; BAG v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14; BAG v. 4.2.2013 – 10 AZB 78/12; BAG v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12. Dies gilt auch für die Klage des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH einer KG, selbst wenn sein Anstellungsvertrag mit der KG geschossen wurde (vgl. BGH v. 8.1.2007 – II ZR 267/05, NZA 2007, 1174 = DB 2007, 1072; BAG v. 20.8.2003 – 5 AZB 79/02, NZA 2003, 1108 = DB 2003, 2183)). Funktionell sind beim LG nach § 95 Abs. 1 Nr. 4a GVG die Kammern für Handelssachen zuständig (vgl. Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 80 Rn 104; Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG, § 35 Rn 562).
Rz. 368
Wer die GmbH im Prozess gegen den ausgeschiedenen Geschäftsführer vertritt, richtet sich nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG (vgl. Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 80 Rn 103). Die Vorschrift gilt sowohl für den Aktiv- als auch für den Passivprozess der GmbH als auch für Prozesse mit ausgeschiedenen Geschäftsführern (vgl. BGH v. 22.3.2016 – II ZR 253/15 Hinweisbeschluss; BGH v. 6.3.2012 – II ZR 76/11). Danach unterliegt die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen Geschäftsführer zu führen hat, der Bestimmung der Gesellschafterversammlung. Solange die Gesellschafterversammlung von ihrer Befugnis, einen besonderen Vertreter zu bestellen, keinen Gebrauch macht, wird die GmbH – vorbehaltlich einer die Vertretungsbefugnis anders regelnden Satzungsbestimmung – im Prozess mit ihren gegenwärtigen oder ausgeschiedenen Geschäftsführern durch einen oder mehrere bereits zuvor oder neu bestellte (weitere) Geschäftsführer vertreten (vgl. BGH v. 22.3.2016 – II ZR 253/15 mit Anm. Pröpper, GmbHR 2016, 1035 ff.). Ist nach dem Gesellschaftsvertrag indes die Kompetenz auf den Beirat übertragen, ist Prozessvertreter der GmbH gem. § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG der Beirat der GmbH, d.h. die GmbH, vertreten durch den Beirat, dieser vertreten durch die Beiratsmitglieder (vgl. BGH v. 2.2.2016 – II ZB 2/15, juris Rn 6, 12).
Rz. 369
Die grundsätzliche Nicht-Zuständigkeit der Arbeitsgerichte folgt aus der gesetzlichen Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, wonach in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit solche Personen nicht als Arbeitnehmer gelten, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrages allein oder als Mitglied des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind (vgl. BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, juris Rn 17; BAG v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14). Die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gilt auch für das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis (vgl. BAG v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12). Sie greift unabhängig davon ein, ob dieses materiell-rechtlich als freies Dienstverhältnis oder als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist (vgl. BAG v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12). Sie soll sicherstellen, dass die Mitglieder der Vertretungsorgane mit der juristischen Person keinen Rechtsstreit im "Arbeitgeberlager" vor dem Arbeitsgericht führen (vgl. BAG v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14; BAG v. 20.8.2003 – 5 AZB 79/02).
Rz. 370
Auch wenn das Anstellungsverhältnis zwischen juristischer Person und Vertretungsorgan wegen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis anzusehen sein sollte und deshalb dem materiellen Arbeitsrecht unterliegt, sind zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus dieser Rechtsbeziehung wegen § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, § 13 GVG die ordentlichen Gerichte berufen, solange die Fiktion Wirkung entfaltet (vgl. BAG v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14; BAG v. 23.8.2011 – 10 AZB 51/10).
Rz. 371
An der Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte ändert es nichts, wenn zwischen den Prozessparteien streitig ist, wie das Anstellungsverhältnis zu qualifizieren ist und der Geschäftsführer geltend macht, er sei wegen seiner eingeschränkten Kompetenz in Wirklichkeit Arbeitnehmer gewesen zu sein. Es bleibt bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. BAG v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12; BAG v. 14.6.2006 – 5 AZR 592/05). § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG greift sogar dann ein, wenn objektiv feststeht, dass das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist (vgl. BAG v. 4.2.2013 – 10 AZB 78/12).
Rz. 372
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist auch dann gegeben, wenn der ehemalige Fremdgeschäftsführer vorträgt, er sei arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Denn nach der Rechtsprechung des BAG nimmt der Fremdgeschäftsführer einer GmbH Arbeitgeberfunktionen war und ist deshalb keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine arbeitgeberähnliche Person (vgl. BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, juris Ls.). Daher handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, für die nach § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Dabei ...