Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1552
Ein im Vertrieb tätiger Arbeitnehmer hat zusätzlich zum Lohnanspruch einen Anspruch auf die Erstattung der ihm entstehenden Reisekosten gegen den Arbeitgeber. Dieser Anspruch richtet sich entweder nach den im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen oder bei Fehlen solcher nach § 670 BGB analog (LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 59; LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 3, 10).
Hierzu gehören die Reisekosten des Arbeitnehmers, die ihm bei der Ausführung seiner Vertriebstätigkeit zwangsläufig entstehen. Diese sind insbesondere dann zu ersetzen, wenn mit dem Arbeitnehmer ein Einsatz im gesamten Bundesgebiet vereinbart ist. In diesem Fall trägt der Arbeitgeber auch ohne besondere Vereinbarung die Fahrtkosten zu den weit entfernt liegenden Einsatzstätten. Der Erstattungsanspruch kann auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer muss allerdings einen Nachweis über die Kosten erbringen. Die zu ersetzenden Kosten können auch durch eine entsprechende Vergütung mit abgegolten werden. Diese muss aber so ausgestaltet sein, dass sie die Kosten angemessen abdecken kann (OLG Düsseldorf v. 22.1.1987 – 8 U 238/85, DB 1987, 1846; ArbG Wetzlar v. 21.1.1993 – 1 Ca 602/92, ARST 1993, 136; Hohn, DB 1981, Beil. 10, 5).
Der Aufwendungsersatzanspruch bestimmt sich entsprechend § 670 BGB nach den tatsächlichen entstandenen Aufwendungen, nicht nach einer steuerlichen Pauschale (LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 59; LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 42). Es sind nur solche Aufwendungen zu ersetzen, die nicht durch die Arbeitsvergütung abgegolten sind (vgl. LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 11; Küttner/Griese, Personalhandbuch, Aufwendungsersatz, Rn 1). Fehlt eine weitergehende Absprache der Parteien, kann nicht automatisch ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe der steuerlich anerkannten Kilometerpauschale angenommen werden (LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 42). Benutzt die angestellte Vertriebskraft den privaten Pkw, sind mangels weitergehender Absprachen die konkret entstandenen Aufwendungen, also die tatsächlich aufgewandten Treibstoffkosten, ersatzfähig (LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 40). § 670 BGB hat jedoch dispositiven Charakter (LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 13). Einzelvertragliche Pauschalierungen von Aufwendungsersatzansprüchen von angestellten Vertriebskräften sind grundsätzlich zulässig (LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 32). Sie empfehlen sich bei regelmäßig anfallenden Aufwendungsersatzansprüchen von Angestellten. Hierdurch werden bei der Nachweisführung und bei der Nachprüfung des konkret angefallenen Aufwands Erleichterungen geschaffen und Streit hierüber vermieden.
Formularmäßige Vereinbarungen hinsichtlich der Erstattung von Aufwendungen unterliegen der Inhaltskontrolle (LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 2, 25). Bei echten Individualvereinbarungen hingegen, die zwischen den Parteien des Arbeitsvertrags ausgehandelt wurden, findet weder eine AGB-Kontrolle noch eine richterliche Billigkeitskontrolle statt (vgl. Schaub/Koch, ArbRHB, § 82 Rn 19).
Ist eine Pauschale für die Abgeltung der dienstlichen Pkw-Fahrten vereinbart, schließt dies sämtliche anderen Kosten mit ein, die überwiegend auf die Privatnutzung des Wagens zurückzuführen sind (Küttner/Griese, Personalbuch, Aufwendungsersatz, Rn 3). Dabei muss das monatliche Arbeitseinkommen der Höhe nach so ausgestaltet sein, dass der monatliche Aufwendungsersatz ungefähr den Kosten entspricht, die auf Basis einer nachvollziehbaren Prognose anzunehmen wären (vgl. Kramer/Hoppe, IT-Arbeitsrecht, B. Individualarbeitsrecht, Rn 636).
Wird im Rahmen eines arbeitsvertraglichen Formularvertrags eine Pauschalvergütung vereinbart, mit der auch dienstliche Fahrtkosten mit privaten Pkw abdeckt sein sollen, und dazu vereinbart, dass mit der Zahlung des Grundgehalts sämtliche Aufwendungen des angestellten Außendienstmitarbeiters abgegolten sind, empfiehlt es sich aus Sicht des Arbeitgebers, eine Ausschlussklausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Bei der Gestaltung einer Ausschlussklausel ist darauf zu achten, dass sie sich nicht auf unabdingbare Ansprüche, wie insbesondere die Ansprüche aus § 87c HGB, bezieht, weil sie anderenfalls unwirksam ist (LAG Baden-Württemberg v. 12.2.2020 – 10 Sa 13/19, EversOK Ls. 8, 9; LAG Thüringen v. 18.11.2015 – 6 Sa 311/14, EversOK Ls. 37).
Rz. 1553
Persönliche Aufwendungen, die Arbeitnehmer von ihrem Arbeitsentgelt zu begleichen haben, sind nicht erstattungspflichtig. Dazu zählen etwa die Verpflegungskosten während der täglichen Arbeitszeit (Schaub, ArbRHB, § 82 Rn 7). Ohne vertragliche Zusage kann daher die angestellte Vertriebskraft nach § 670 BGB nur Ersatz des Verpflegungsmehraufwands verlangen, der ihr im Rahmen einer Dienstreise entsteht (ArbG Wetzlar v. 21.1.1993 – 1 Ca 602/92, EversOK Ls. 3).