Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
(a) Rechtsprechung des BAG
Rz. 308
Von besonderer Praxisrelevanz war lange Zeit die Abberufung und Kündigung eines Geschäftsführers, wenn der Geschäftsführer vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer Arbeitnehmer der GmbH war (klassische Beförderungsfälle). Nach der früheren Rspr. des BAG bestand dann eine Vermutung, dass das frühere Arbeitsverhältnis während der Geschäftsführertätigkeit lediglich ruhe und im Fall der Abberufung automatisch wieder auflebe. Dies sollte nur dann nicht gelten, wenn der durch die (schlüssige) Aufhebung des Arbeitsverhältnisses eintretende Verlust des gesetzlichen Kündigungsschutzes durch eine wesentlich höhere Vergütung aufgewogen werde (vgl. BAG v. 9.5.1985, DB 1986, 1474; BAG v. 27.6.1985, DB 1986, 2132; BAG v. 12.3.1987, DB 1987, 2659) oder wenn vor die Bestellung zum Geschäftsführer lediglich ein Probearbeitsverhältnis gesetzt wurde (vgl. BAG v. 7.10.1993 – 2 AZR 260/93, DB 1994, 428) oder ein vollständig neuer Geschäftsführervertrag, zumal bei Gewährung einer höheren Vergütung, geschlossen wurde (vgl. BAG v. 28.9.1995 – 5 ARB 4/95, DB 1996, 484). Diese Rspr. wurde grundlegend geändert.
Rz. 309
Nach der geänderten Rspr. des BAG wird im Zweifel mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages auch bei einer nur geringen Anhebung der Vergütung das bisherige Arbeitsverhältnis (schlüssig) aufgehoben (vgl. [5. Senat] BAG v. 14.6.2006 – 5 AZR 592/05, NZA 2006, 1154 = DB 2006, 2239; BAG v. 8.6.2000 – 2 AZR 207/99, DB 2000, 1918 = NZA 2000, 1013; vgl. auch BAG v. 16.3.2000 – 2 AZR 196/99, n.v.).
Rz. 310
Diese Rspr. gilt auch nach dem zum 1.5.2000 in Kraft getretenen Schriftformerfordernis des § 623 BGB als Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, soweit der Geschäftsführervertrag schriftlich abgeschlossen wird (so [6. Senat] BAG v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095 = DB 2007, 2093; bestätigt durch [2. Senat] BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002 = GmbHR 2008, 1259 und [5. Senat] BAG v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669 = DB 2009, 907). Einem Arbeitnehmer müsse klar sein, dass mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages und der Bestellung zum Geschäftsführer sein Arbeitsverhältnis endet. Vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalles bestehe kein Zweifel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB daran, dass ein Arbeitnehmer mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages seine vertraglichen Beziehungen ausschließlich auf diese neue vertragliche Grundlage stellt und damit zugleich das zuvor bestandene Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit beendet. Zweifel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB bestünden auch nicht vor dem Hintergrund der im Schrifttum erörterten Auswirkungen des zum 1.5.2000 in Kraft getretenen § 623 BGB. Die Einhaltung der Formvorschrift sei von der vorrangigen Auslegung der getroffenen Vereinbarung zu unterscheiden. Sei die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht ausdrücklich vereinbart, sei im Wege der Auslegung der getroffenen schriftlichen Vereinbarung festzustellen, ob der Wille, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden, in der schriftlichen Vereinbarung zum Ausdruck gekommen sei. Schließe ein Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einen schriftlichen Dienstvertrag, der Grundlage der Bestellung zum Geschäftsführer ist, finde der Wille der Vertragsparteien, das zuvor begründete Arbeitsverhältnis zu beenden, in dem schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag hinreichend deutlich Anklang. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen für den abberufenen Geschäftsführer kein Kündigungsschutz besteht und der Rechtsweg zu den ArbGen nicht gegeben ist.
Rz. 311
Anders kann die Rechtslage sein, wenn zwei Schuldverhältnisse, nämlich ein Geschäftsführerdienstverhältnis und ein ruhendes (oder erst recht ein weiteres aktives) Arbeitsverhältnis bestehen. Trägt ein gekündigter Geschäftsführer dies vor, hat der Geschäftsführer nach der weiteren Rspr. des 6. Senats des BAG die Tatsachen darzulegen, aus denen sich diese Verdoppelung der Rechtsverhältnisse anlässlich seiner Geschäftsführerbestellung ergibt (vgl. BAG v. 25.10.2007 – 6 AZR 1045/06, NZA 2008, 168 = DB 2008, 355). Auch wenn im vorliegenden Fall dies nicht gegeben war, so dürfte dies in Konzernstrukturen durchaus häufiger der Fall und praxisrelevant sein. Dort kommt eine Splittung von Aufgaben auf die gleiche Person für verschiedene Konzerngesellschaften, wie Mutter-, Tochter- und Schwestergesellschaften mit unterschiedlichen Positionen, Verantwortungen, Aufgabenbereichen und Vergütungen, selbst wenn diese gebündelt ausgezahlt und nur intern umgelegt werden, in vielfältiger Form vor. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen Kündigungsschutz für das "zweite" oder auch "dritte" Arbeitsverhältnis neben dem Geschäftsführerdienstverhältnis besteht.
Rz. 312
Ferner hat der 6. Senat in seinen Entscheidungen (vgl. BAG v. 25.10.2007, NZA 2007, 168 = DB 2008, 355 und BAG v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095 = DB 2007, 2093) klargestellt, dass der nur mündliche oder konkludente Abschluss eines G...