Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 170
Die Zuständigkeit zum Abschluss des Anstellungsvertrages richtet sich grds. nach der Zuständigkeit für die Bestellung. Die gesellschaftsrechtliche Bestellung zum Geschäftsführer obliegt gem. § 46 Nr. 5 GmbHG der Gesellschafterversammlung, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag der GmbH eine hiervon abweichende Regelung vorsieht (§ 45 Abs. 2 GmbHG; zur Vertretung der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer durch einen fakultativen Aufsichtsrat kraft Satzungsregelung, vgl. OLG Brandenburg v. 9.12019 – 7 U 81/17). Grds. ist daher auch für die Anstellung des Geschäftsführers die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG analog) zuständig (vgl. BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, NZA 2000, 945 = DB 2000, 1807; BGH v. 27.3.1995, DB 1995, 1169 = GmbHR 1995, 373; BGH v. 25.3.1991, DB 1991, 1065 = ZIP 1991, 580, 582). Zulässig ist daher auch die Selbstbestellung des Vorstands einer AG zum Geschäftsführer einer 100 %-igen Tochter-GmbH, da die AG die Gesellschafterversammlung der GmbH bildet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Aufsichtsrat den Vorstand zuvor von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit hat (vgl. OLG München v. 8.5.2012 – 31 Wx 69/12, DB 2012, 1143 = NZG 2012, 710; zustimmend OLG Frankfurt v. 4.1.2022 – 20 W 225/20, juris kein Verstoß gegen § 112 AktG; vgl. ferner ausführlich Wachter, GmbHR 2022, 470 ff. Regelung allein durch § 181 BGB bei einer GmbH als Muttergesellschaft).
Rz. 171
Bei der Besetzung der Geschäftsführung in Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes hat das zuständige Bestellorgan Folgendes zu berücksichtigen:
Soweit eine GmbH mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes mehr als zwei Geschäftsführer hat, muss mindestens ein Geschäftsführer eine Frau und mindestens ein Geschäftsführer ein Mann sein (Mindestbeteiligungsgebot). Eine Bestellung eines Geschäftsführers unter Verstoß gegen das Beteiligungsgebot ist nichtig (§ 77a Abs. 2 GmbHG).
Rz. 172
War die GmbH nicht ordnungsgemäß vertreten, ist der Geschäftsführeranstellungsvertrag unwirksam. Gleichwohl ist er für die Dauer der Geschäftsführertätigkeit als wirksam zu behandeln; er kann jedoch für die Zukunft auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit aufgelöst werden (vgl. BGH v. 20.8. 2019 – II ZR 121/16, juris Rn 21 ff., BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, NZA 2000, 945 = DB 2000, 1807). Bei Unklarheiten über die Zuständigkeit kann es daher zweckmäßig sein, sich durch die Einsichtnahme ins Handelsregister über den Gesellschaftsvertrag der GmbH Klarheit zu verschaffen. Die Einsichtnahme ist jedermann ohne Begründung zu gewähren.
Rz. 173
Beim Abschluss des Anstellungsvertrages kann die Gesellschafterversammlung sowohl in ihrer Gesamtheit die GmbH vertreten als auch (zweckmäßigerweise) die Bevollmächtigung zum Vertragsabschluss auf ein einzelnes Mitglied oder einen (weiteren) Geschäftsführer übertragen (vgl. Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG, § 35 Rn 329).
Rz. 174
Rechtlich zulässig und im Einzelfall nicht unüblich ist, dass im Gesellschaftsvertrag der GmbH die Zuständigkeit zum Abschluss des Anstellungsvertrages mit dem Geschäftsführer und ggf. weitere Befugnisse auf einen Beirat übertragen sind. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, ist § 52 Abs. 1 GmbHG zu beachten. Denkbar ist auch, dass der GmbH-Gesellschaftsvertrag ein gesellschaftsrechtliches Sonderrecht zur Bestellung eines Geschäftsführers regelt.
Rz. 175
Hinweis
Ist durch die Satzung die Bestellung des Geschäftsführers einem anderen Organ oder einer anderen Person übertragen worden, wird hierdurch im Zweifel nicht das Recht begründet, auch den Anstellungsvertrag abzuschließen (vgl. Brandmüller, Der GmbH-Geschäftsführer, Rn 59).
Rz. 176
Bei solchen GmbHs, die i.d.R. mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen und damit unter das MitbestG 1976 fallen, ist anstelle der Gesellschafterversammlung zwingend der Aufsichtsrat für die Bestellung und Anstellung zuständig (§ 31 Abs. 1 MitbestG i.V.m. § 84 AktG; vgl. auch BGH v. 14.11.1983 – II ZR 33/83, DB 1984, 104 = NJW 1984, 733). Gleiches gilt für die montanmitbestimmte GmbH mit i.d.R. mehr als 1.000 Arbeitnehmern gem. § 12 Montan-MitbestG, § 13 Montan-MitbestErgG i.V.m. § 84 AktG. Abweichend hiervon ist bei Gesellschaften, die mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen und der 1/3-Mitbestimmung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG (v. 18.5.2004, zuvor § 77 BetrVG 1952) unterliegen, nicht der Aufsichtsrat, sondern wie bei der mitbestimmungsfreien GmbH die Gesellschafterversammlung für die Bestellung und Anstellung zuständig.
Rz. 177
Wegen des engen Sachzusammenhanges zwischen Anstellung und Bestellung ist die zeitgleiche Durchführung ratsam. Soweit dies nicht möglich ist oder unterschiedliche Zuständigkeiten bestehen, ist es je nach Verhandlungsstärke im Einzelfall empfehlenswert, die Wirksamkeit des Anstellungsvertrages unter die aufschiebende Bedingung der nachfolgenden Bestellung zum Geschäftsführer abzuschließen (vgl. zur zulässigen Bestellung unter einer auflösenden Bedingung gem. § 158 BGB BGH v. 24.10.20...