Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 186
Die Zuständigkeit zur Kündigung bzw. zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung mit dem Geschäftsführer richtet sich, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, nach der Zuständigkeit für die Abberufung (vgl. OLG München v. 24.03. 2016 – 23 U 1884/15 Annexkompetenz). Gem. § 46 Nr. 5 GmbHG ist dazu die Gesellschafterversammlung zuständig (vgl. BGH v. 9.4.2013 – II ZR 273/11; BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, NZA 2000, 945 = DB 2000, 1807; BGH v. 27.3.1995, DB 1995, 587 = NJW 1995, 1750; vgl. zur Abberufung unten Rdn 220 ff., zur ordentlichen Kündigung unten Rdn 236 ff. und zur außerordentlichen Kündigung unten Rdn 275 ff.).
Rz. 187
Hinweis
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Sofern nach der Abberufung ausnahmsweise, beispielsweise auf Basis eines neuen Schuldverhältnisses (Anschluss-Arbeitsverhältnis), Arbeitsrecht zur Anwendung kommen sollte, kann sich dies auf die (Nicht-) Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung zur Kündigung nach Abberufung auswirken. |
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Allerdings ändert sich der rechtliche Charakter des Dienstverhältnisses eines Organvertreters nicht allein dadurch, dass er abberufen wird oder sein Amt niederlegt. |
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Das Dienstverhältnis wird dadurch nicht (automatisch) zum Arbeitsverhältnis und der Organvertreter nicht (automatisch) zum Arbeitnehmer (vgl. BAG v. 8.2.2022 – 9 AZB 40/21, juris Rn 18 und 24; LAG München v. 16.4.2020 – 5 Ta 29/20, juris Rn 24; BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, juris Rn 17; BAG v. 15.11.2013 – 10 AZB 28/13 Rn 16). |
Rz. 188
Etwas anderes gilt, wenn der Geschäftsführerdienstvertrag rechtlich oder faktisch in einen (Arbeitnehmer-) Arbeitsvertrag umgewandelt bzw. neu begründet wird (vgl. BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002; BAG v. 19.7.2007, NZA 2007, 1095 = DB 2007, 2093; BAG v. 24.11.2005, NZA 2006, 366 = DB 2006, 728; BAG v. 18.12.1996, NZA 1997, 509, 510 = DB 1997, 834; OLG Frankfurt am Main v. 11.5.1999, NZA-RR 2000, 385 = GmbHR 1999, 859 m. Anm. Haase; Nägele, BB 2001, 305, 307). Dann wäre nicht mehr die Gesellschafterversammlung, sondern die weiteren bzw. der neue Geschäftsführer zuständig. Gelegentlich kommt es vor, dass die Parteien bereits bei Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrages konkret vertraglich regeln, wie die Beschäftigung des Geschäftsführers nach dem Widerruf seiner Bestellung zu erfolgen hat. Dies gilt insb. dann, wenn die GmbH ein Interesse an der Beschäftigung des Mitarbeiters hat, auch wenn er nicht Geschäftsführer ist. Praxisrelevant ist dies bei Geschäftsführern, deren weit überwiegende Tätigkeit ohnehin weniger in Organ-/Management-Aufgaben als im operativen Geschäft liegt.
Rz. 189
In der mitbestimmten GmbH nach dem MitbestG 1976, dem Montan-MitbestG und dem Montan-MitbestErgG ist der Aufsichtsrat gem. § 84 Abs. 3 AktG zuständig für die Vertragsbeendigung und Abberufung (§ 31 MitbestG, § 12 Montan-MitbestG und § 13 Montan-MitbestErgG). Der Aufsichtsrat entscheidet als Gremium; unzulässig wäre eine Entscheidung durch einen Aufsichtsratsausschuss (vgl. BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, DB 1981, 308 = NJW 1981, 757). Für die mitbestimmte GmbH nach dem BetrVG 1952 verbleibt es wie für die Anstellung und Bestellung auch für die Vertragsbeendigung und Abberufung bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung.
Rz. 190
Besonderheiten sind bei der Einheits-KG zu beachten, bei der sämtliche Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH von der KG gehalten werden. Für den Beschluss über die Kündigung eines bei der KG angestellten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH ist die Komplementär-GmbH zuständig, deren Recht dabei durch die (Mit-)Geschäftsführer dieser Gesellschaft wahrgenommen werden (vgl. OLG Hamburg v. 22.3.2013 – 11 U 27/12, juris).
Rz. 191
Wie bei der Bestellung und Anstellung kann die Abberufungs- und Kündigungszuständigkeit einem anderen Gesellschaftsorgan, z.B. dem Beirat oder auch anderen Personen, z.B. einzelnen Gesellschaftern, satzungsgemäß zugewiesen sein (Kompetenzübertragung, vgl. OLG Köln v. 21.2.1990 – 13 U 195/89, DB 1991, 435 = GmbHR 1991, 156, 157). Allerdings ist es ausreichend, wenn eine Öffnungsklausel in der Satzung die Einrichtung eines Aufsichtsrats zulässt (vgl. BGH v. 2.7.2019 – II ZR 406/17, juris). Auch eine Kompetenzaufspaltung ist zulässig. Im Zweifel kommt es auf die Auslegung der Satzung unter vollständiger Würdigung der zu beachtenden Umstände an (vgl. BGH v. 21.6.1999 – II ZR 27/98, DB 1999, 2103 = GmbHR 1999, 1140). Die Befugnis, den Anstellungsvertrag zu kündigen, kann sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch durch die Gesellschafter auf andere Personen übertragen werden (vgl. BGH v. 9.4.2013 – II ZR 273/11).
Rz. 192
Zur Durchführung, d.h. zur Erklärung der Kündigung ggü. Dem Geschäftsführer, kann das satzungsmäßig zuständige Organ für den konkreten Fall einzelne Personen zur Kündigung ermächtigen (vgl. LAG Hessen v. 21.6.2000, GmbHR 2001, 298 [LAG Hessen v. 21.6.2000 – 13 Sa 1300/99] Bevollmächtigten oder Boten; grundlegend BGH v. 26.3.1984, BGHZ 91, 217; Scholz/Schmidt, GmbHG, § 46 Rn 80; vgl. ferner zur Parallelthem...