Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1558
Als mögliche Schäden, die dem Arbeitnehmer bei der Ausführung seiner Arbeit entstehen können, kommen bei einer angestellten Vertriebskraft im Außendienst insb. Schäden am Privatwagen, am eigenen Körper oder wegen einer eigenen Schadensersatzverpflichtung ggü. Dritten in Betracht. Problematisch ist hier, ob der Arbeitgeber zum Ersatz der Schäden von Arbeitnehmern verpflichtet ist, die der Arbeitgeber regelmäßig nicht verschuldet haben wird.
Rz. 1559
Hat die angestellte Vertriebskraft einen Personenschaden i.S.d. § 104 SGB VII erlitten, kann sie diese gem. § 104 Abs. 1 SGB VII nur vom Arbeitgeber ersetzt verlangen, wenn dieser ihn vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1–4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt hat. Ist der angestellten Vertriebskraft ein Sachschaden entstanden, stehen ihr u.U. Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zu. Grds. ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Arbeitsablauf so zu organisieren, dass Arbeitnehmern kein Schaden entstehen kann. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht, hat er Arbeitnehmern aus dem Gesichtspunkt einer Pflichtverletzung oder nach deliktsrechtlichen Vorschriften aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für die Schäden einzustehen, die diesen aufgrund der Pflichtverletzung des Arbeitgebers entstehen (MünchArbR/Kohte, § 291 Rn 34).
Rz. 1560
Zwar hat der Arbeitgeber keinen Einfluss auf die im Straßenverkehr liegenden Gefahren. Gem. § 670 BGB analog kann die angestellte Vertriebskraft aber einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Arbeitgeber haben (BAG v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, NJW 2011, 1247). Zu ersetzen ist danach alles, was für erforderlich gehalten werden durfte. Erforderlich ist das objektiv Notwendige oder bei dessen Fehlen das, was die angestellte Vertriebskraft nach sorgfältiger, den Umständen des Falls nach und nach gebotener Prüfung für erforderlich halten durfte (BAG v. 8.5.1980 – 3 AZR 1127/79, AP Nr. 6 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitgebers; BAG v. 16.3.1995 – 8 AZR 250/91, AP Nr. 12 ebenda; Hohn, DB 1978, 865).
Rz. 1561
Voraussetzung ist, dass der Schaden bei Erbringung der Arbeitsleistung eingetreten ist. Ferner darf der Schaden nicht zum allgemeinen Lebensrisiko der angestellten Vertriebskraft gehören. Des Weiteren ist erforderlich, dass das Schadensrisiko nicht schon gesondert abgegolten und der Wagen mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsfeld eingesetzt worden ist. Letzteres ist der Fall, wenn der Arbeitgeber ohne Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit das Unfallrisiko hätte tragen müssen (BAG v. 14.12.1995 – 8 AZR 875/94, AP Nr. 13 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitgebers). Unter diesen Voraussetzungen sind der angestellten Vertriebskraft Schäden am eigenen Pkw zu ersetzen.
Rz. 1562
Nach den vorstehenden Grundsätzen haftet der Arbeitgeber entsprechend § 670 BGB sogar für einen Schaden am privaten Kfz der angestellten Vertriebskraft, sofern es mit Kenntnis und Willen des Arbeitgebers genutzt wurde und der Schaden durch Verschulden eines unbekannten Dritten verursacht wird. Dies soll zumindest dann gelten, wenn die Vertriebskraft ca. sechs von acht täglichen Arbeitsstunden auf Reise ist und sich ihr Arbeitseinsatz nach Absprache mit dem Arbeitgeber so gestaltet, dass sie von ihrem Wohnort aus zunächst die Dienststelle aufsucht, dort Besuche bei Kunden vorbereitet, diese abwickelt und danach wiederum die Dienststelle aufsucht, um weitere Kundenbesuche am Nachmittag vorzubereiten. Unter diesen Umständen erstreckt sich die Haftung des Arbeitgebers jedenfalls auf einen Schaden, der eingetreten ist, während sich die Vertriebskraft nach Durchführung von Kundenterminen wiederum in der Dienststelle zur Vorbereitung weiterer Kundenbesuche aufhält. Auch wenn der Schaden in diesem Fall nicht während einer Dienstfahrt eingetreten ist, so gehört auch das Vorhalten des Privatwagens während der Innendienstzeit der angestellten Vertriebskraft zum Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers (BAG v. 14.12.1995 – 8 AZR 875/94, BB 1996, 433).
Rz. 1563
Nicht zu ersetzen sind solche Einbußen, die nicht unmittelbar auf den Einsatz des Fahrzeugs im Straßenverkehr und der damit verbundenen Benutzungsgefahr beruhen, sondern generell aus der Haltung eines Kfz entstehen, wie z.B. der allgemeine Materialverschleiß, Treibstoffkosten oder technisch bedingte Fahrzeugdefekte. Da solche Aufwendungen in den Lebensbereich eines Handlungsgehilfen fallen, hat er sie selbst zu tragen. Es sind nur die Schäden zu ersetzen, die aufgrund der erhöhten Benutzungsgefahr als Verwirklichung der Betriebsgefahr am Fahrzeug entstehen. Eine Rückstufung in der Haftpflichtversicherung der angestellten Vertriebskraft hat der Arbeitgeber nicht zu ersetzen, wenn dies zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht vereinbart wurde (LAG Hessen v. 13.11.1983 – 10 Sa 42/85, LAGE § 670 BGB Nr. 5). Mit der Leistung einer Kilometerpauschale ist eine Rückstufung in d...