Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
aa) Prüfungsschema
Rz. 468
Die Finanzverwaltung hat bisher bei der Überprüfung von GGF Vergütungen ein dreistufiges Prüfungsschema angewendet (BMF-Schreiben v. 14.10.2002, BStBl I 2002, 219; OFD Düsseldorf, Vfg. v. 17.6.2004, DStR 2004, 1386). Hiernach wurden im ersten Schritt die Vergütungskomponenten dem Grunde nach überprüft, ob diese durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (z.B. Überstundenvergütung bei einem Geschäftsführer, Pensionsanwartschaft in der Probezeit). In einem zweiten Schritt sind die verbleibenden Vergütungsbestandteile der Höhe nach auf ihre Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu überprüfen. Wenn z.B. eine Gewinntantieme vorgesehen ist, die unangemessen hoch im Vergleich zum Festgehalt ist, wird die Gewinntantieme als vGA erfasst. Im letzten Schritt ist zu überprüfen, ob das Gesamtpaket angemessen ist.
Rz. 469
Abweichend vom BMF-Schreiben v. 14.10.2002 nimmt die Rspr. eine sog. Bandbreitenbetrachtung im Zusammenhang mit der Angemessenheit der Gesamtausstattung vor (BFH v. 27.2.2003, BStBl II 2004, 132; BFH v. 4.6.2003, BStBl II 2004, 136). Hiernach werden die einzelnen Vergütungstatbestände nicht mehr dahin gehend überprüft, ob diese der Höhe nach angemessen sind. Entscheidend ist vorrangig die Gesamtausstattung im Zusagezeitpunkt. Bei der im Einzelfall anhand betriebsexterner Merkmale zu schätzenden Höhe der angemessenen Bezüge ist zu berücksichtigen, dass der BFH davon ausgeht, dass es kein starres angemessenes Gehalt gibt, sondern eine Bandbreitenbetrachtung greift. Inzwischen hat auch die Finanzverwaltung ihr Prüfungsschema überdacht (OFD Düsseldorf, Vfg. v. 17.6.2004 – S 2742 A – St 13, S 2742 – 88 St 131 – K).
Rz. 470
Die Rspr. wendet also das dreistufige Prüfungsschema nicht an und schließt einzelne Vergütungsbestandteile nur dann im Vorfeld aus, wenn diese dem Grunde nach durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Im Ergebnis ist es also grds. möglich, dass eine gemessen am Fremdvergleich zu hohe Pensionszusage nicht zu einer vGA führt, sofern die Gesamtausstattung insgesamt angemessen ist, also bspw. das laufende Gehalt entsprechend niedriger ist.
Angemessenheit der GF-Vergütung
bb) Angemessenheit der Gesamtausstattung
Rz. 471
Nach Auffassung der Rspr. sind nur die Bezüge unangemessen, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen. Ausgangswert für die Berechnung der absoluten Angemessenheitsgrenze ist demzufolge das Gehalt laut dem oberen Viertel der Gehaltsstudie (Zusammenstellung der OFD Karlsruhe vom 3.4.2009 – S 274.2/84 – St 221). Im Einzelfall können Zuschläge wegen besonderer Personenbezogenheit oder extrem hoher Gewinne bzw. Abschläge wegen dauerhaft schlechter Erträge angezeigt sein. I.Ü. ist ein Sicherheitszuschlag bis zu 20 % möglich (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854; BFH v. 26.5.2004 – I R 101/03, BFH/NV 2004, 1672).
Rz. 472
Zu der Gesamtvergütung gehören insb. das Gehalt, die Tantieme, die Versorgungszusage (Pensionszusage, Direktversicherung), Überstundenvergütungen, Sondervergütungen (z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Jubiläumszahlungen), Übernahme von Sozialabgaben, Dienstwagen einschließlich Telefon, Handy, Dienstwohnung, Zurverfügungstellung von Arbeitskräften für private Zwecke (z.B. Fahrer, Gärtner oder Sekretärin).
Rz. 473
Entscheidend ist, dass die Gesamtbezüge im Einzelfall unter Berücksichtigung der Situation der Gesellschaft sowie der Person und der Leistung des GGF eine angemessene Gegenleistung für die von diesem erbrachten Leistungen sind. Maßgeblich ist, ob die Gesamtvergütung einem fremden Geschäftsführer unter den gleichen Umständen ebenfalls gezahlt worden wäre (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854). Die obere Grenze ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854; BFH v. 16.10.1991, BFH/NV 1992, 341).
Rz. 474
Dabei nimmt der BFH eine vGA nur bei einem erheblichen Missverhältnis zwischen tatsächlich geleisteter und geschätzter angemessener Gesamtvergütung an. Ein solches erhebliches Missverhältnis liegt vor, wenn die von der Gesellschaft gezahlte Gesamtvergütung die von der Finanzverwaltung als angemessen geschätzte Gesamtvergütung um mehr als 20 % übersteigt (BFH v. 28.6.1989, BStBl II 1989, 854).
Rz. 475
Im Einzelnen sind bei der Festlegung einer angemessenen Gesamtvergütung für einen GGF Kriterien auf der Ebene der Gesellschaft sowie auf der Ebene des GGF zu berücksichtigen. Darüber hinaus können im Rahmen eines Drittvergleichs die Gesamtvergütungen, die Geschäftsführern von gleichartigen Gesellschaften unter gleichen Umständen gewährt werden (sog. äußerer Betriebsvergleich) oder die Gesamtvergütungen, die Geschäftsführern derselben Gesellschaft gezahlt werden (sog. innerer Betriebsvergleich) herangezogen werden.
cc) Kriterien auf der Ebene der Gesellschaft
Rz. 476
Auf der Ebene der Gesellschaft sind bei der Beurteilung der Höhe der Gesamtvergütung die Unternehmensgröße, die Ertragskraft, die Eigenkapitalverzinsung, die Branche sowie der Firmensitz (Region) zu berücksichtigen (BFH v. 18.3.2002 – I B 35/01, BFH/NV 2002, 1176).
Rz. 477
Besondere Bedeutung haben die Ertragskraft der Ges...