Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 651
Zu den gesetzlichen Initiativen des Gesetzgebers zur Frauenförderung in Unternehmen gehört die familienfreundlichere Ausgestaltung von Vorstandsmandaten in § 84 Abs. 3 AktG (vgl. Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, BGBl. I, 3311, sog. FüPoG II). Ein zentraler Punkt der gesetzlichen Neuregelung ist das Recht auf Mandatspause (Auszeit), wonach Vorstandsmitglieder ihr Mandat gem. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG aufgrund von Mutterschutz oder Elternzeit zeitweise ruhen lassen können. Gleiches gilt für die Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit (vgl. ausführlich Arnold/Romero/Hofer, ZIP 2021, 2605 ff.).
Rz. 652
Das Vorstandsmitglied hat in diesen Fällen gem. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf der Bestellung zu ersuchen (vgl. Kocher, DB 2022, 104 ff.).
Rz. 653
Macht das Vorstandsmitglied im Fall des Mutterschutzes von diesem Recht Gebrauch, muss der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds gem. § 84 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AktG widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG genannten Schutzfristen zusichern. Selbst im Fall eines wichtigen Grundes kann der Aufsichtsrat beim Mutterschutz den Widerruf auf Verlangen des Vorstandsmitglieds nicht ablehnen.
Rz. 654
Im Fall von Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit muss der Aufsichtsrat gem. § 84 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AktG die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Vorstandsmitglieds zusichern, wobei der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds auf dessen Verlangen gem. § 84 Abs. 3 S. 3 AktG auch mit Zusicherung der Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu 12 Monaten widerrufen kann (freiwillige Verlängerung). Der Aufsichtsrat kann in den Fällen der Elternzeit, Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit von dem temporären Widerruf der Bestellung – anders als beim Mutterschutz – aus einem wichtigen Grund absehen.
Rz. 655
Während aufgrund des Widerrufs der Bestellung die Organstellung und damit auch das Haftungsrisiko entfällt, bleibt das schuldrechtliche Anstellungsverhältnis grds. während der Mandatspause ruhend bestehen. Damit entfällt insbesondere der Anspruch des Vorstandsmitglieds auf Vergütung inklusive Nebenleistungen. Verschwiegenheitspflicht und Nebentätigkeitsverbot gelten auch während der Mandatspause (vgl. Reufels/Osmakova, ArbRB 2022, 122, 123). Das Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG gilt nach der ausdrücklichen Regelung in § 84 Abs. 3 S. 9 AktG ebenfalls während der Mandatspause.
Hinweis zu Leistungen der AG während einer Mandatspause
Dem Aufsichtsrat und Vorstandsmitglied steht es frei, für den Zeitraum der Mandatspause individuelle Vereinbarungen, wie beispielsweise die Weiternutzung des Dienstwagens, zu treffen.