Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 449
Zudem muss die Gesellschaft bei allen Vereinbarungen mit beherrschenden GGF ordnungsgemäß vertreten sein.
Rz. 450
Bei einer Gesellschaft ist die Gesellschafterversammlung zum Abschluss, zu Änderungen und zur Aufhebung von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern zuständig, soweit sich nicht aus der Satzung eine anderweitige Zuständigkeit ergibt.
Rz. 451
Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung, auch für die Änderung und Aufhebung von Anstellungsverträgen, hat der BGH in seinem Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 (NJW 1991, 1680) festgestellt. Er hat damit seine frühere Rspr., wonach Änderungen des Anstellungsvertrages von Mitgeschäftsführern vorgenommen werden konnten, aufgehoben. Die Gesellschafterversammlung kann durch Gesellschafterbeschluss einzelne Gesellschafter, Geschäftsführer oder Dritte zum Vertragsabschluss bevollmächtigen. Ansonsten wird die Gesellschaft bei Abschluss des Anstellungsvertrages durch sämtliche Gesellschafter vertreten. Der Vertragsabschluss kann auch durch den Gesellschafterbeschluss selbst erfolgen, wenn der betroffene Gesellschafter dem Beschluss zugestimmt hat (BFH v. 11.12.1991, BStBl II 1992, 434; Mack/Schwedhelm, DStR 1996, 1838). Es ist darauf hinzuweisen, dass mit Ausnahme der Einmann-Gesellschaft, gesetzlich eine Protokollierung des Verlaufes einer Gesellschafterversammlung nicht vorgesehen ist. Zur Vermeidung von Diskussionen ist die Schriftform aber unbedingt zu empfehlen.
Rz. 452
Alle gesellschaftsvertraglichen Einschränkungen der Vertretungsmacht sollten beachtet werden, auch wenn diese nicht im Handelsregister eingetragen sind.
Rz. 453
Gem. § 181 BGB darf ein Vertreter, soweit ihm keine Befreiung erteilt worden ist, ein Rechtsgeschäft im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten nicht vornehmen, es sei denn es handelt sich um ein Rechtsgeschäft, das ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Eine Befreiung von dieser Beschränkung ist nur wirksam, wenn sie in der Satzung geregelt und in das Handelsregister eingetragen worden ist (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021§ 35 Rn 88).
Rz. 454
Eine ausgesprochene Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot muss nicht wiederholt werden, wenn sich die Anteile einer Gesellschaft in einer Hand vereinen, die Gesellschaft also zu einer Einmann-Gesellschaft wird (BFH v. 13.3.1991, BStBl II 1991, 597; BGH v. 8.4.1991 – II ZB 3/91, BB 1991, 925).
Rz. 455
Bei einem Verstoß gegen das Selbstkontrahierungsverbot ist der Vertrag zivilrechtlich schwebend unwirksam und wird mit rückwirkender Kraft wirksam, wenn die Gesellschaft, d.h. die Gesellschafterversammlung, ihre Genehmigung erteilt. Die nachträgliche Genehmigung entfaltet auch steuerrechtliche Rückwirkung, vorausgesetzt, den Insich-Geschäften liegen klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarungen zugrunde (BFH v. 31.5.1995, BStBl II 1996, 246; BFH v. 23.10.1996, FR 1997, 20).
Rz. 456
Außerdem bleibt auch bei nachträglicher Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung Voraussetzung, dass zumindest durch eine Öffnungsklausel in der Satzung die Gesellschafterversammlung zur Befreiung vom Verbot der Selbstkontrahierung durch einfachen Beschluss ermächtigt wurde (BFH v. 31.5.1995, BStBl II 1996, 246). Nach diesem Urteil hat die Handelsregistereintragung im Hinblick auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung keine Bedeutung.
Rz. 457
Nachdem aufgrund der neueren Rspr. des BGH die Gesellschafterversammlung für Änderungen und die Aufhebung des Anstellungsvertrages zuständig ist, hat die wirksame Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot i.R.d. formellen Angemessenheitsprüfung – mit Ausnahme der Einmann-Gesellschaft – ihre Bedeutung verloren. Sie spielt jedoch noch eine Rolle, wenn der GGF von der Gesellschafterversammlung zu Änderungen oder zur Aufhebung des Anstellungsvertrages bevollmächtigt wird.