Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 294
Für den GmbH-Geschäftsführer seinerseits können erhebliche Verstöße, die der GmbH zuzurechnen sind, wie beispielsweise die erhebliche Beschneidung des Aufgabenbereichs des GF (vgl. BGH v. 6.3.2012 – II ZR 76/11, DB 2012, 1037 = NJW 2012, 1656), einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen (a.o. Eigenkündigung). Ggf. haftet die GmbH für den Verdienstausfallschaden gem. § 628 Abs. 2 BGB. Voraussetzung dafür ist ein vertragswidriges Verhalten der GmbH. Eine Einschränkung des Kompetenzbereichs des GF durch die GmbH genügt nicht, wenn die GmbH sowohl nach dem Geschäftsführeranstellungsvertrag als auch nach dem Organisationsrecht der GmbH berechtigt ist, die Kompetenzen ihres Geschäftsführers anders zu ordnen und ihm auch große Teile seiner Zuständigkeiten zu entziehen. So sah der BGH die Verlagerung von vier der bislang von dem Geschäftsführer verantworteten sieben Abteilungen in andere Konzernunternehmen und die Löschung der Einzelvertretungsbefugnis und der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht als schadensersatzauslösende pflichtwidrige Beschneidung der Kompetenzen des Geschäftsführers i.S.v. § 628 Abs. 2 BGB an (vgl. BGH v. 6.3.2012 – II ZR 76/11).
Rz. 295
Nur im Ausnahmefall ist es nicht vertragswidriges Verhalten der GmbH, wenn die GmbH den GF unter die Weisungsbefugnis eines anderen GF’s, z.B. des Vorsitzenden der GF, stellt. Dies wird regelmäßig im Normalfall ein vertragswidriges Verhalten der GmbH sein. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Vorsitzende der GF ohnehin weisungsbefugt ggü. dem GF ist, weil er zeitgleich auch Allein-GF der Komplementärin der Alleingesellschafterin ist (vgl. BGH v. 6.3.2012 – II ZR 76/11, DB 2012, 1037 = NJW 2012, 1656). Der Schadensersatzanspruch geht bei vertragswidrigem Verhalten auf das Erfüllungsinteresse, d.h. der Geschäftsführer ist so zu stellen, wie er bei Fortbestand des Dienstverhältnisses stehen würde. Dabei bildet die ordentliche Kündigungsfrist die zeitliche Grenze des Schadensersatzanspruches (vgl. BAG v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, NZA 2002, 1324 = DB 2002, 2273; BAG v. 26.7.2001, NZA 2002, 325 = DB 2002, 539).
Rz. 296
Beendet der Geschäftsführer wirksam durch fristlose Kündigung sein Anstellungsverhältnis, so befreit er sich damit gleichzeitig von einem darin enthaltenen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Einer gesonderten Kündigung des Wettbewerbsverbots als einzelner Vertragsbestimmung bedarf es nicht (vgl. OLG Celle v. 24.9.20139 – U 121/12).
Rz. 297
Ein Geschäftsführer, der definitiv die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags erklärt und seine Tätigkeit für die GmbH eingestellt hat, kann sich allerdings später nicht mehr darauf berufen, dass sein Anstellungsvertrag mangels Wirksamkeit der Kündigung fortbestehe, weshalb die GmbH ihm ggü. auch nicht in Annahmeverzug geraten kann (vgl. BGH v. 8.11.1999 – II ZR 7/98, DB 2000, 137 = GmbHR 2000, 85).
Rz. 298
Die Abberufung als solche gibt dem Geschäftsführer regelmäßig zwar kein Recht auf Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB, da die Abberufung grds. jederzeit gem. § 38 Abs. 1 GmbHG zulässig ist. Dessen ungeachtet kann er sein Anstellungsverhältnis außerordentlich kündigen, bspw. um einer ungewollten langen Freistellung während der Restlaufzeit seines Vertrages zu entgehen. Denn nach der aktuellen Rspr. des BGH kann der Geschäftsführer einer GmbH nach seiner Abberufung weder eine Beschäftigung als Geschäftsführer noch als Angestellter in einer ähnlich leitenden Position verlangen (vgl. BAG v. 11.10.2010, DB 2011, 49 = NZG 2011, 112 Geschäftsführer der Bundeskunsthalle Bonn).
Rz. 299
Beispiele für anerkannte wichtige Kündigungsgründe (bei Kündigung durch den Geschäftsführer – Eigenkündigung)
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Unberechtigte Vorwürfe eines Mitgeschäftsführers (vgl. BGH v. 9.3.1992 – II ZR 102/91, DB 1992, 985 = GmbHR 1992, 301); |
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unterlassene Bestellung zum Geschäftsführer (vgl. BAG v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01, NZA 2002, 1324 = DB 2002, 2273); |
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nachträgliche Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnisse in einem Kernbereich (vgl. BGH v. 6.3.2012 – II ZR 76/11, DB 2012, 1037 = NJW 2012, 1656; OLG Frankfurt am Main v. 17.12.1992 –26 U 54/92, GmbHR 1993, 288 = NJW-RR 1993, 1259); |
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zahlreiche, mitunter ehrenrührige, insgesamt nicht belegbare Vorwürfe des Mehrheitsgesellschafters (vgl. OLG Celle v. 24.9.2013 – 9 U 121/12). |