Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 643
Ein wesentlicher Teil der Gesamtbezüge betrifft die betriebliche Altersversorgung/Pensionsregelung des Vorstandsmitgliedes (vgl. Spindler/Stilz/Fleischer, § 84 AktG Rn 53 ff.; Schmidt/Lutter/Seibt, § 84 Rn 32, 34). Die Altersversorgung hat sowohl Entgelt- als auch Fürsorgecharakter für die Dienste des Vorstandsmitgliedes (vgl. MüKo-AktG/Spindler, § 84 Rn 213). Ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung steht dem Vorstandsmitglied grds. nur dann zu, wenn dies ausdrücklich im Anstellungsvertrag vereinbart ist (vgl. Fonk, in: FS Semler, 1993, S. 139 ff.; BGH v. 19.12.1994 – II ZR 244/93, DB 1995, 1023 = AG 1995, 188), auch wenn keine Schriftform erforderlich ist (vgl. MüKo-AktG/Spindler, § 84 Rn 50). Im beiderseitigen Interesse ist auf klare und eindeutige Regelungen im Vertrag besonders zu achten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zeitlich nach dem Abschluss des Vertrages liegende Umstände zwar nicht den objektiven Inhalt der Willenserklärungen mehr beeinflussen können. Sie sind jedoch für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten von Bedeutung (vgl. BGH v. 16.3.2009 – II ZR 68/08, NZA 2009, 613 = DB 2009, 1010). Wenngleich angesichts der hohen Kosten für die AG die betriebliche Altersversorgung die teuerste Zusatzleistung ist (vgl. Leonhartsberger/Wandmacher, BOARD 2017, 251 – Das "geheime" Gehalt), so besitzen derzeit dennoch über 90 % aller Vorstandsmitglieder eine Zusage auf eine betriebliche Altersversorgung, überwiegend in der Form der betrieblichen Pensionszusage, da Vorstandsmitglieder nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind (s.u. Rdn 721). Bei der Zusage ist der Maßstab der Angemessenheit des § 87 Abs. 1 S. 4 i.V.m. S. 1 AktG zu beachten. Die Höhe bemisst sich vielfach anhand eines Prozentwertes des letzten Fest-/Grundgehaltes unter Berücksichtigung der Dienstjahre.
Rz. 644
Von besonderer Relevanz kann in diesem Zusammenhang das Zusammenspiel zwischen Ruhegeldern und Überbrückungsgeldern (vgl. Böhm, NZA 2009, 767) sein, die nach vorzeitigem oder regulärem Ausscheiden des Vorstandsmitgliedes, bspw. im Fall der nicht erfolgten Wiederbestellung zur Überbrückung zwischen diesem Zeitpunkt und dem regulären, altersentsprechendem Ruhegeld in unterschiedlicher Gestaltung vorkommen, ggf. zeitlich auf ein bis drei Jahre aus Gründen der Angemessenheit begrenzt sind und/oder sich bei Einkünften aus anderweitigen Tätigkeiten mindern (vgl. Bauer/Baeck/von Medem, NZG 2010, 721). Es handelt sich um "Leistungen verwandter Art" i.S.v. § 87 Abs. 1 S. 4 AktG, die im Anhang zum Jahres- bzw. Konzernabschlusses gem. §§ 285 S. 1 Nr. 9, 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB offenzulegen sind (vgl. Redenius-Hövermann, Der Aufsichtsrat 2012, 39 ff., 40). In der Praxis kommen solche Überbrückungsgelder bei großen Konzernen vor und sind z.T. neben einem Mindestalter in der Höhe ansteigend an die Anzahl von nachfolgenden Bestellungen gekoppelt. Überbrückungsgelder sind keine Altersversorgung i.S.d. BetrAVG (vgl. BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 284/03, AG 2008, 215 = ZIP 2008, 279; Diller/Arnold, AG 2010, 721). Bei der Zusage ist der Maßstab der Angemessenheit des § 87 Abs. 1 AktG zu beachten. Ferner darf durch die Höhe der Ausgestaltung nicht die Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrates beeinträchtigt sein (s.u. Rdn 668 ff.).
Rz. 645
Da die §§ 1 bis 17 BetrAVG und damit die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 BetrAVG für Vorstandsmitglieder Anwendung finden, wird in der Praxis häufig mit Blick auf die Vertragslaufzeit die Unverfallbarkeit entsprechend mit der Vertragslaufzeit gekoppelt. Eine Pensionszusage kann von den zwingenden Vorschriften des BetrAVG nicht zulasten des Versorgungsberechtigten abweichen, hingegen ist dessen Besserstellung ohne weiteres möglich (vgl. BGH v. 16.3.2009 – II ZR 68/08, NZA 2009, 613 = DB 2009, 1010; vgl. zur Abdingbarkeit des BetrAVG bei Organmitgliedern Thüsing/Granetzny, NZG 2010, 449).
Rz. 646
Muster 16.28: Koppelung der Unverfallbarkeit der Altersversorgung an die Vertragslaufzeit
Muster 16.28: Koppelung der Unverfallbarkeit der Altersversorgung an die Vertragslaufzeit
Die betriebliche Altersversorgung von Herrn/Frau _________________________ beträgt nach _________________________ Jahren Zugehörigkeit zum Vorstand der _________________________-AG _________________________ % (z.B. 30 % oder 40 %) des zuletzt bezogenen Grundgehaltes gem. § _________________________ des Anstellungsvertrags vom _________________________.
oder
Scheidet Herr/Frau _________________________ nach Ablauf des für die Zeit vom _________________________ bis _________________________ geschlossenen Vertrages aus den Diensten der _________________________-AG aus, weil diese nicht bereit ist, das Anstellungsverhältnis auf der bisherigen Grundlage fortzusetzen, so wird der Anspruch auf die Hälfte des vereinbarten Ruhegeldes gem. § _________________________ dieses Vertrages gem. § _________________________ sofort fällig und zwar...