Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
aa) Befristung – maximale Laufzeit von Bestellung und Anstellung
Rz. 647
Die Bestellung der Mitglieder des Vorstandes erfolgt durch einen ausdrücklichen Beschluss des Aufsichtsrats als Gesamtorgan gem. § 108 AktG i.V.m. § 107 Abs. 3 S. 7 AktG, und kann gem. § 84 Abs. 1 S. 1 AktG maximal auf die Dauer von höchstens fünf Jahren erfolgen. Die Frist läuft mit dem Beginn der Amtszeit; diese muss nicht mit dem Tag der Bestellung deckungsgleich sein. Der Bestellungsbeschluss kann den Beginn der Amtszeit zu einem späteren Zeitpunkt vorsehen (vgl. Happ, Aktienrecht, 8.03, Rn 5.1; vgl. zum "richtigen Zeitpunkt" für die Erstbestellung von Vorstandsmitgliedern, Bauer, DB 2007, 1571). Diese Höchstdauer von fünf Jahren gilt auch gem. § 84 Abs. 1 S. 5 Hs. 1 AktG für die Anstellung, d.h. den Vorstandsvertrag.
Rz. 648
Die Bestellung und Anstellung für die Dauer von max. fünf Jahren führt in der Praxis dazu, dass viele Vorstandsmitglieder für diesen Höchst-Zeitraum bestellt und angestellt werden. Verbreitet und zulässig sind jedoch auch kürzere Zeiträume, wie z.B. drei Jahre bei der Erstbestellung (vgl. die Kodex-Empfehlung B. 3 zu Erstbestellungen: längstens drei Jahre). Auch wenn das Gesetz keine Mindestdauer vorsieht, darf ein Vorstandsmitglied nicht so kurz bestellt werden, dass die Unabhängigkeit des Vorstandes deutlich beeinträchtigt ist. Nur in Ausnahmefällen wird eine Bestelldauer von unter drei Jahren die Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen (Spindler/Stilz/Fleischer, AktG, § 84 Rn 44 u. 14, nennt als grobe Richtschnur für eine Untergrenze zwar eine Mindestlaufzeit von einem Jahr, die aber die umfassende Würdigung des Einzelfalls nicht entbehrlich mache). Gleichwohl bleibt eine Bestellung auch im Fall einer sehr kurzen Bestellung wirksam. Dies gilt selbst dann, wenn der Aufsichtsrat möglicherweise bei einer übermäßig kurzen Bestellung pflichtwidrig handeln sollte (vgl. OLG München v. 12.1.2017 – 23 U 3582/16 Bestellung für nur acht Monate). Ist die Bestellung des Vorstandsmitgliedes ohne zeitliche Begrenzung erfolgt, ist im Zweifel von einer Bestellung auf fünf Jahre auszugehen (vgl. BAG v. 26.8.2009 – 5 AZR 522/08, NZA 2009, 1205 = DB 2009, 2480 – seltener Fall der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit).
Rz. 649
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (www.dcgk.de) empfiehlt unter Nr. B.3, dass die Erstbestellung von Vorstandsmitgliedern für längstens drei Jahre erfolgen soll.
Rz. 650
Die Dauer der Bestellung erfolgt regelmäßig entsprechend der Dauer des Anstellungsvertrages für das Vorstandsmitglied. Allerdings braucht die Dauer des Anstellungsvertrages der Dauer der Bestellung nicht unbedingt zu entsprechen. Dies ist jedoch zweckmäßig. Zu beachten ist, dass auch der Anstellungsvertrag – wie die Bestellung – max. auf höchstens fünf Jahre fest abgeschlossen werden darf (§ 84 Abs. 1 S. 5 i.V.m. S. 1 AktG). Ein auf unbestimmte oder längere Zeit als fünf Jahre abgeschlossener Anstellungsvertrag endet automatisch mit Ablauf der gesetzlichen Fünf-Jahres-Frist. § 625 BGB – stillschweigende Verlängerung – findet keine Anwendung (vgl. unten Rdn 669).
bb) Mandatspause – befristete "Auszeiten"
Rz. 651
Zu den gesetzlichen Initiativen des Gesetzgebers zur Frauenförderung in Unternehmen gehört die familienfreundlichere Ausgestaltung von Vorstandsmandaten in § 84 Abs. 3 AktG (vgl. Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, BGBl. I, 3311, sog. FüPoG II). Ein zentraler Punkt der gesetzlichen Neuregelung ist das Recht auf Mandatspause (Auszeit), wonach Vorstandsmitglieder ihr Mandat gem. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG aufgrund von Mutterschutz oder Elternzeit zeitweise ruhen lassen können. Gleiches gilt für die Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit (vgl. ausführlich Arnold/Romero/Hofer, ZIP 2021, 2605 ff.).
Rz. 652
Das Vorstandsmitglied hat in diesen Fällen gem. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf der Bestellung zu ersuchen (vgl. Kocher, DB 2022, 104 ff.).
Rz. 653
Macht das Vorstandsmitglied im Fall des Mutterschutzes von diesem Recht Gebrauch, muss der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds gem. § 84 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AktG widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG genannten Schutzfristen zusichern. Selbst im Fall eines wichtigen Grundes kann der Aufsichtsrat beim Mutterschutz den Widerruf auf Verlangen des Vorstandsmitglieds nicht ablehnen.
Rz. 654
Im Fall von Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit muss der Aufsichtsrat gem. § 84 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AktG die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Vorstandsmitglieds zusichern, wobei der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds auf dessen Verlangen gem. § 84 Abs. 3 S. 3 AktG auch mit Zusicherung der Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu 12 Monaten widerrufen kann (freiwillige Verlängerung). Der Aufsichtsrat kann in den Fällen der Elternzeit, Pflege eines Familienangehörigen oder der ...