Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1485
Regelmäßig setzt sich die Vergütung der angestellten Vertriebskraft aus einem Festgehalt und aus Provisionen und Prämien zusammen (Grundmann, Die Vergütung des Angestellten im Außendienst, insbesondere unter Berücksichtigung der Mitbestimmung des Betriebsrats, in Beseler/Bopp/Grundmann/Keil/Krasshöfer/Molkenbur/Puzicha/Wetzling, Angestellte im Außendienst, 3. Aufl., S. 186 ff.).
1. Festvergütung
Rz. 1486
Der monatliche Festbetrag der angestellten Vertriebskraft ist ebenso wie das Gehalt bzw. der Lohn der Arbeitnehmer im Innendienst der vom Arbeitgeber als Gegenleistung bestimmte geldwerte Vorteil (zur Vergütung ausschließlich auf Provisionsbasis vgl. Rdn 1488). Dieser wird für die vom Arbeitnehmer geleistete Tätigkeit geschuldet, § 611 BGB. Da dieser rein tätigkeitsbezogen ist, kommt es für das Entstehen dieses Anspruches auf ein Gelingen der Aufgaben des Arbeitnehmers nicht an. Das Fixum kann als monatliche Provisionsgarantie ausgestaltet sein (GK-HGB/Etzel, § 65 Rn 12).
Rz. 1487
Der vom Arbeitgeber zu leistende Festbetrag wird häufig mit den Provisionen durch eine Verrechnungsvereinbarung kombiniert, z.B. durch die Erlaubnis, bis zu einer bestimmten Summe die erzielten Provisionen mit dem Festgehalt zu verrechnen und erst ab diesem Betrag weitere Provisionen auszubezahlen (BAG v. 8.12.1982, AP Nr. 5 zu § 1 TVG Versicherungsgewerbe; LAG Baden-Württemberg v. 10.6.1980, VersR 1981, 92).
Unzulässig ist jedoch, Minderverdienste des einen Monats mit Spitzenverdiensten eines anderen Monats zu verrechnen, es sei denn, es ist Entsprechendes vereinbart worden (BAG v. 22.9.1975, AP Nr. 8 zu § 65 HGB).
Rz. 1488
Eher zurückhaltend ist die Frage beantwortet worden, ob eine Vergütungsregelung in einem Arbeitsvertrag mit einer angestellten Vertriebskraft, die kein Fixum vorsieht, sondern nach der die Vertriebskraft ausschließlich auf Provisionsbasis tätig ist, mit § 138 BGB zu vereinbaren ist. Rspr. und Literatur gehen davon aus, dass eine Beschränkung einer angestellten Vertriebskraft auf Provisionsbezüge an sich noch nicht sittenwidrig und nichtig ist. Lediglich in Fällen, in denen die angestellte Vertriebskraft unter schwierigen Verhältnissen keinerlei festes Gehalt erhält, sondern nur geringfügige Provisionssätze, die zu seiner Arbeitsleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, wurde eine Sittenwidrigkeit der Vergütungsregelung in Erwägung gezogen (BAG v. 17.10.2012 – 5 AZR 792/11, NJW 2013, 1388; BAG v. 18.4.2012 – 5 AZR 630/10, NZA 2012, 978; BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 268/11, NZA 2012, 974; BAG v. 16.2.2012 – 8 AZR 98/11, AP HGB § 87 Nr. 13; BAG v. 22.4.2009 – 5 AZR 436/08, NZA 2009, 837; RAG v. 2.11.1929, ARS 7, 319; LAG Stuttgart v. 23.1.1952, DB 1952, 231; Trinkhaus, DB 1967, 859, 861; krit. unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aber Schlegelberger/Schröder, HGB, § 65 Rn 1). Auch etwaige Beschränkungen einer Verrechnungsgarantie in Form einer auf die Garantiezahlung beschränkten Kündigungsmöglichkeit für das Unternehmen sind früher vor dem Hintergrund eines Verstoßes gegen die guten Sitten als unbedenklich angesehen worden (LAG Baden-Württemberg v. 3.12.1954, VersR 55, 148 [Ls.]). In einer späteren Entscheidung ist eine Beschränkung auf Provisionen ohne Vereinbarung eines Fixums oder einer Provisionsgarantie zumindest dann für sittenwidrig gehalten worden, wenn die angestellte Vertriebskraft aus betrieblichen Gründen nicht in der Lage ist, den ihm gewährten monatlichen Provisionsabschlag zu verdienen (LAG Berlin v.3.11.1986 – 9 Sa 65/86, EversOK Ls. 2 = LAGE Nr. 13 zu § 138 BGB = DB 1987, 1899).
Rz. 1489
Das LAG Hamm hat den Standpunkt eingenommen, dass der durch arbeitsrechtliche Sondergesetze und richterliche Rechtsfortbildung besonders ausgeformte Typ des Arbeitsvertrages jeden abhängig Beschäftigten von den nicht von ihm beeinflussbaren Marktschwankungen befreit. Als Ausgleich für den Ausschluss eigener unternehmerischer Chancen werde auf diese Weise ein weitgehender Existenz- und Kontinuitätsschutz gewährleistet. Aus diesem Grunde stelle es sich als eine mit dem Leitbild des Arbeitsvertrages unvereinbare Überwälzung des unternehmerischen Marktrisikos dar, wenn ausschließlich ein bestimmter Arbeitserfolg entlohnt wird, ohne dass dem Arbeitnehmer im Fall des Nichterfolges für seine ordnungsgemäß geleisteten Dienste eine Vergütung garantiert werde. Diese Grundsätze seien auch auf hauptberuflich im Vertriebsaußendienst beschäftigte Angestellte zu übertragen. Nach dieser Auffassung ist der angestellten Vertriebskraft jedenfalls für den Fall eine feste Grundvergütung zuzusagen, dass die vorausgesetzte Mindestanzahl von Vermittlungen nicht zustande gekommen ist, obwohl der Angestellte seine vertraglichen Pflichten nachweisbar ordnungsgemäß erfüllt hat. Eine entgegenstehende Regelung in einem Arbeitsvertrag mit einer angestellten Vertriebskraft sei von der Vertragsfreiheit nicht mehr gedeckt und verstoße gleichzeitig gegen die guten Sitten i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB (LAG Hamm v....