Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 805
Die Vertragsparteien können ein Arbeitsverhältnis aufheben und vereinbaren, es als "Freies Mitarbeiterverhältnis" fortzusetzen, soweit die Voraussetzungen echter Selbstständigkeit erfüllt werden. Eine bloß andere Bezeichnung reicht nicht aus. Schwierig ist die Abgrenzung bei einer inhaltlich unveränderten Tätigkeit. Das LAG Düsseldorf kam im Fall eines früheren Arbeitnehmers und späteren freien Mitarbeiters der EDV-Abteilung unter Berücksichtigung der erforderlichen Gesamtabwägung zu dem Ergebnis, dass dieser keine Weisungen (mehr) erhielt, und seine Freiheit bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit im Kern nicht eingeschränkt worden war (vgl. LAG Düsseldorf v. 29.9.2014 – 9 Sa 31/14). Zulässig ist die Umgestaltung der zugrunde liegenden Vertragsform von einem Arbeitnehmerverhältnis zu einem Freien-Mitarbeiter-Verhältnis bei einer innerbetrieblichen Umstrukturierungsmaßnahme, wie bei der Einführung eines neuen Vertriebssystems für die Vertriebsmitarbeiter. Dabei ist es im Hinblick auf betriebsbedingte Kündigungen dem Arbeitgeber überlassen, wie er sein Unternehmensziel möglichst zweckmäßig und kostengünstig am Markt verfolgt. Es ist Sache des Arbeitnehmers, der die Unwirksamkeit der auf einer solchen Maßnahme beruhenden Kündigung geltend macht, Umstände darzulegen, die die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme als offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen lassen. Zu prüfen bleibt allerdings, ob die Strukturmaßnahme auch tatsächlich durchgeführt wird (vgl. BAG v. 9.5.1996 – 2 AZR 438/95, DB 1996, 2033 = NZA 1996, 1145 Weight-Watchers-Fall; vgl. auch die Crewing-Entscheidung des BAG v. 26.9.1996 – 2 AZR 200/96, DB 1997, 178 = NZA 1997, 2002 sowie die Besprechung dieser vom seinerzeit noch zuständigen 2. Senat [heute 5. Senat] getroffenen Entscheidungen, Schunder, NJW 1997, 2654, 2655 f.). So scheiterte die Kündigungsschutzklage eines sog. "Moskito-Anschlägers" (Anbringer von Werbeplakaten an Schaltschränken), da die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, künftig sog. "Moskito-Anschläger" nur noch in freier Mitarbeit zu beschäftigen und die Plakatierungsarbeiten ausschließlich von selbstständig unternehmerisch tätigen Personen durchführen zu lassen, weder willkürlich noch offensichtlich unsachlich war (vgl. BAG v. 13.3.2008 – 2 AZR 1037/06, NZA 2008, 878 = DB 2008, 1575 Moskito-Anschläger).
Rz. 806
In jedem Fall ist zur Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses in freie Mitarbeit eine eindeutige Vereinbarung zur Statusänderung erforderlich. Soll ein Arbeitsverhältnis in ein freies Dienstverhältnis umgewandelt werden, bedarf die vertragliche Vereinbarung gem. § 623 BGB der Schriftform (vgl. LAG Berlin v. 5.3.2003 – 17 Sa 2269/02, AuA 2003, 47). Ein Arbeitnehmer wird nicht allein dadurch zum freien Mitarbeiter, dass der Arbeitgeber sein Weisungsrecht längere Zeit nicht ausübt (vgl. BAG v. 12.9.1996 – 5 AZR 1066/94, DB 1997, 47 = NZA 1997, 194; LAG Köln v. 28.4.1995, NZA 1996, 319 = ArbuR 1996, 412). Möglich ist die Umstellung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf ein Heimarbeitsverhältnis (vgl. BAG v. 14.6.2016 – 9 AZR 305/15).