a) Allgemeine Regelungen
Rz. 217
Bislang war das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für das Familienrecht in unterschiedlichen Vorschriften der ZPO und im FFG geregelt. Das zum 1.9.2009 in Kraft getretene FamFG fasst die bislang zersplitterten und unübersichtlichen Regelungen des Familienverfahrensrechts der ZPO und des FGG zusammen.
Rz. 218
Das FamFG enthält in den §§ 1–110 einheitliche Regeln für Verfahren, einstweiligen Rechtsschutz, für Instanzenzüge und Entscheidungsformen, auf die in den einzelnen weiteren Abschnitten des FamFG Bezug genommen wird. Im Allgemeinen Teil des FamFG enthalten die §§ 49–57 allgemeine Regelungen über einstweilige Anordnungen. Die allgemeine Regelung des § 49 FamFG bestimmt, dass durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme getroffen werden kann, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht (§ 49 Abs. 1 FamFG). Nach Abs. 2 S. 1 der Vorschrift kann die Maßnahme einen bestehenden Zustand sichern oder vorläufig regeln. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass im Wege der einstweiligen Anordnung nur vorläufige Maßnahmen getroffen werden können. Nach S. 2 der Vorschrift kann auch ein Verfügungsverbot erlassen werden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist – wie auch nach der ZPO – zum einen das Bestehen eines Verfügungsanspruchs. Darüber hinaus muss ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden vorliegen. Dieser Begriff orientiert sich am Verfügungsgrund im Recht der einstweiligen Verfügung.
b) Familienstreitsachen
Rz. 219
Darüber hinaus finden sich Sonderregelungen zum einstweiligen Rechtsschutz in den weiteren Abschnitten des FamFG, etwa in § 119 FamFG für sogenannte Familienstreitsachen. Diese sind in § 112 FamFG definiert und umfassen Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG, Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 FamFG, sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 FamFG sowie entsprechende Lebenspartnerschaftssachen. § 119 FamFG sieht eine einstweilige Anordnung und den Arrest vor in den in § 112 FamFG definierten Familienstreitsachen und verweist in Abs. 2 auf die für den Arrest geltenden Regelungen der §§ 916–934 und 943–945 ZPO. Damit ist künftig der einstweilige Rechtsschutz für alle Verfahrensgegenstände des Familienrechts einheitlich ausgestaltet. Es besteht – im Gegensatz zur Rechtslage nach dem früheren § 644 ZPO – eine Hauptsacheunabhängigkeit für die Familienstreitsachen. Weder in § 119 FamFG noch an anderer Stelle im FamFG wird auf die §§ 935–942 ZPO Bezug genommen. Damit scheidet eine einstweilige Verfügung im Anwendungsbereich des FamFG aus. In Unterhaltssachen wird daher künftig keine einstweilige Verfügung mehr möglich sein.
c) Kindschaftssachen
Rz. 220
§ 157 FamFG enthält Regelungen zum einstweiligen Rechtsschutz in Kindschaftssachen. § 157 Abs. 3 FamFG bestimmt etwa, dass das Gericht in den Verfahren nach §§ 1666 und 1666a BGB (gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls und Vorrang öffentlicher Hilfen) unverzüglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung prüfen muss. Dafür gelten wiederum die allgemeinen Vorschriften, §§ 49 ff. FamFG.
d) Gewaltschutzsachen
Rz. 221
§§ 210 ff. FamFG enthalten Regelungen zum einstweiligen Rechtsschutz in Gewaltschutzsachen. So sieht § 214 Abs. 1 FamFG vor, dass das Gericht auf Antrag durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung nach §§ 1 oder 2 des Gewaltschutzgesetzes treffen kann. Es ist kein Hauptsacheverfahren mehr erforderlich. In diesem Fall besteht eine Abweichung vom bisherigen § 64b Abs. 3 S. 1 FGG. Voraussetzung für die einstweilige Anordnung ist gem. § 214 Abs. 1 S. 2 FamFG ein dringendes Bedürfnis für ein solches Tätigwerden des Gerichts. Die Regelung definiert dieses dringende Bedürfnis dahingehend, dass eine Tat nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes begangen wurde oder aufgrund konkreter Umstände mit einer Begehung zu rechnen ist.
e) Unterhaltssachen
Rz. 222
§§ 246 ff. FamFG enthalten Regelungen zum einstweiligen Rechtsschutz in Unterhaltssachen. Der Begriff der Unterhaltssachen ist in § 231 FamFG definiert. § 246 FamFG regelt die Voraussetzungen, nach denen in Unterhaltssachen eine einstweilige Anordnung erlassen werden kann. Zum einen ist, in Abweichung zu § 49 Abs. 1 FamFG, kein dringendes Bedürfnis zu einem sofortigen Tätigwerden erforderlich, sondern es genügt ein einfaches Regelungsbedürfnis. Darüber hinaus lässt § 246 Abs. 1 FamFG ausnahmsweise eine Leistungsanordnung zu, um dem Unterhaltsberechtigten durch sofortiges Bereitstellen der finanziellen Mittel die materielle Existenz zu sichern.
Rz. 223
§ 247 FamFG regelt im Weiteren die einstweilige Anordnung für den Unterhalt vor Geburt des Kindes, § 248 FamFG die einstweilige Anordnung bei Feststellung der Vaterschaft.