a) Bedeutung
Rz. 134
Die Abmahnung spielt keine Rolle im Zusammenhang mit dem Arrestverfahren. Dafür ist sie umso bedeutsamer im Zusammenhang mit der einstweiligen Verfügung – die Abmahnung ist in der Praxis des Wettbewerbsprozesses entwickelt worden. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 UWG sollen die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Damit wird erstmals die Abmahnung im gewerblichen Rechtsschutz gesetzlich geregelt. In § 13 Abs. 5 des vorangegangenen UWG (seit 1987) war sie lediglich als existent vorausgesetzt worden. Auch im BGB ist sie seit 2001 in verschiedene Vorschriften aufgenommen worden, beispielsweise in §§ 314 Abs. 2, 541, 543 Abs. 3 und 1053 BGB als Voraussetzung für Unterlassungsklagen und Kündigungen.
Rz. 135
Der Anwendungsbereich der Abmahnung ist nicht auf Streitigkeiten nach dem UWG beschränkt. Vielmehr soll § 12 Abs. 1 UWG in allen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes entsprechend anzuwenden sein. Auch im Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) ist die Abmahnung vorgesehen (vgl. § 5 UKlaG). Darüber hinaus besteht im Presserecht für den Verletzten die Obliegenheit, den Verletzer vor Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe abzumahnen. Sinnvoll kann die Abmahnung auch in anderen Rechtsgebieten sein, etwa im Gesellschaftsrecht, wenn es um Wettbewerbsverstöße von Gesellschaftern bzw. Geschäftsführern geht.
Rz. 136
Die Abmahnung ist keine Prozessvoraussetzung und gehört auch nicht zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs. Sie ist bloße Obliegenheit des Antragstellers, wie sich auch aus § 12 Abs. 1 S. 1 UWG n.F. ergibt. Ohne vorherige Abmahnung des Antragstellers besteht jedoch im Klage- oder Verfügungsverfahren für den Antragsteller die Gefahr, bei einem sofortigen Anerkenntnis des Antraggegners nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen.
Rz. 137
Darüber hinaus kann die Abmahnung im Zusammenhang mit einer sich daran anschließenden Kündigung eines Vertragsverhältnisses auch die Voraussetzung für eine Ausschließung aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund schaffen oder zumindest festigen.
b) Inhalt der Abmahnung
Rz. 138
Aufgrund der Abmahnung muss für den Abgemahnten im Hinblick auf den relevanten Sachverhalt und die rechtliche Bewertung eindeutig erkennbar sein, worin der Rechtsverstoß besteht (Hinweis- und Dokumentationsfunktion der Abmahnung). Es empfiehlt sich, in der Abmahnung möglichst alle rechtlichen und tatsächlich relevanten Gesichtspunkte aufzuführen.
Rz. 139
Soll die Abmahnung eine fristlose Kündigung vorbereiten, ist für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Abmahnung die Kündigung anzudrohen.
Rz. 140
Soll mit der Abmahnung ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch verfolgt werden, sollte der Verletzer tunlichst aufgefordert werden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, d.h. sich für jeden Fall der Zuwiderhandlung zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten. D.h. nicht, dass der Schuldner keinen Anlass zur Klageerhebung hat, wenn er die Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafenversprechen abgibt. Wenn lediglich Erstbegehungsgefahr besteht, bedarf es zu deren Ausräumung nicht unbedingt einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, sodass in diesem Fall grundsätzlich auf das Vertragsstrafeversprechen verzichtet werden könnte.
Rz. 141
Tipp
Gleichwohl empfiehlt es sich, auch bei Erstbegehungsgefahr eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu verlangen. Unterwirft sich der Antragsgegner, steht der Gläubiger gut da. Unterwirft sich der Schuldner hingegen nicht, hat die Abmahnung zumindest ihre Warnfunktion im Hinblick auf das Kostenrisiko nach § 93 ZPO erfüllt.
c) Form der Abmahnung
Rz. 142
In formeller Hinsicht muss die Abmahnung mit einer angemessenen Frist zur Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung versehen sein. Der Streit, ob die Fristsetzung obligatorischer oder lediglich fakultativer Natur für die Abmahnung ist, ist eher rechtstheoretischer Natur, da bei fehlender oder zu kurz bemessener Frist ohnehin eine angemessene Frist in Lauf gesetzt wird. Die Länge der Frist hä...