Rz. 63

Bei der Vollziehung des Arrests und der einstweiligen Verfügung unterlaufen häufig formale Fehler, die nach Einlegung eines Rechtsbehelfs zur Aufhebung des Titels führen und meist nicht geheilt werden können. Folge ist, dass dann die Heilung von Vollziehungsmängeln nicht mehr möglich ist. Auch ein Neuantrag scheidet mangels Eilbedürfnis zumeist aus.

 

Rz. 64

Die Aufhebung des Arrestes und der einstweiligen Verfügung kann zum verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch des Schuldners nach § 945 ZPO führen.[109] Das Schadensersatzrisiko nach § 945 ZPO beginnt mit der Vollziehung des Titels. Kommt es nicht zur Vollziehung, weil der Schuldner Sicherheit gem. §§ 923, 927, 939 ZPO geleistet hat, kann der Schuldner den dadurch entstandenen Schaden – meist Zins- oder Avalschaden – ersetzt verlangen.[110]

[109] Vgl. dazu ausführlich David, PA 2002, 129 ff.; Vohwinkel, GRUR 2010, 977 ff.
[110] Zöller/Vollkommer, § 945 Rn 15.

aa) Monatsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO

 

Rz. 65

§ 929 Abs. 2 ZPO lässt die Vollziehung eines Arrestbefehls nur innerhalb eines Monats von dem Tag an zu, an dem der Arrestbefehl verkündet oder dem Antragsteller zugestellt wurde. Entsprechendes gilt für die Vollziehung der einstweiligen Verfügung. Nach Ablauf der Monatsfrist ist eine Vollziehung unstatthaft. Die Monatsfrist für die Vollziehung des Arrests und der einstweiligen Verfügung beginnt für Beschlüsse und Urteile unterschiedlich. Für die Vollziehung eines Urteils beginnt die Monatsfrist mit dessen Verkündung, bei der Vollziehung eines Beschlusses mit der Zustellung der Ausfertigung an den Gläubiger (§§ 936, 929 Abs. 2 ZPO).

bb) Zustellungsart

 

Rz. 66

Beim Beschlussarrest ist neben dem rechtzeitigen Antrag des Gläubigers beim zuständigen Vollstreckungsorgan die Zustellung im Parteibetrieb erforderlich (vgl. § 922 Abs. 2 ZPO), bei dem nach mündlicher Verhandlung ergangenen Urteilsarrest indes eine Zustellung von Amts wegen.[111] Die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt üblicherweise nach § 192 ZPO durch den Gerichtsvollzieher.[112] Von der Zustellung nach § 195 ZPO von Anwalt zu Anwalt ist abzuraten.

[111] Zöller/Vollkommer, § 929 Rn 10 m.w.N.; zur Zustellung Bach, PA 2002, 89 ff.
[112] Muster unter Rdn 308.

cc) Zustellungsgegenstand

 

Rz. 67

Die Zustellung im Parteibetrieb ist in den §§ 191 bis 195 ZPO unter Verweisung auf die Amtszustellung ergänzend geregelt. § 192 Abs. 2 ZPO sieht vor, dass die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften übergibt. Zuzustellen ist grundsätzlich eine Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung.[113]

 

Rz. 68

 

Tipp

Um nicht den Vollstreckungstitel in die Hände des Gegners fallen zu lassen, sollte die Zustellung der Ausfertigung vermieden werden. Der Antragsteller sollte deshalb stets nur beglaubigte Abschriften der Ausfertigung zustellen. Zudem besteht bei fehlerhafter Zustellung einer Ausfertigung die Gefahr, dass die ordnungsgemäße Zustellung nicht mehr innerhalb der Monatsfrist nachgeholt werden kann. Behält der Antragsteller dagegen die Ausfertigung in seinen Händen, kann er schnell zusätzliche beglaubigte Abschriften erstellen und innerhalb der Monatsfrist zustellen. Meist wird nur eine beglaubigte Abschrift zugestellt. Diese kann der die Vollziehung betreibende Rechtsanwalt oder der Gerichtsvollzieher (§§ 18, 26 GVGA) herstellen. Wird eine beglaubigte Abschrift zugestellt, ist die Zustellung einer beglaubigten Abschrift einer vollständigen und ordnungsgemäßen Ausfertigung erforderlich, wenn die Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO zu wahren ist. Überlässt der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher die Herstellung einer beglaubigten Abschrift, erhält er nur die Ausfertigung zurück und kann nicht kontrollieren, ob die Herstellung der beglaubigten Abschrift und damit auch die Vollziehung ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Zustellung einer nicht oder nicht ordnungsgemäß beglaubigten Abschrift oder Fotokopie reicht nicht aus.[114]

 

Rz. 69

 

Hinweis

Wird die Beschlussverfügung auf einen Widerspruch hin aufgehoben, in der Berufungsinstanz aber bestätigt und damit neu erlassen, ist nach h.M. eine eigene erneute Vollziehung in Form einer erneuten Zustellung erforderlich.[115]

[113] MüKo-ZPO/Häublein, § 166 Rn 16.
[114] OLG Koblenz NJW-RR, 1987, 509.
[115] OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 68; a.A.: OLG Zelle NJW-RR 1987, 64; zum Streitstand: Zöller/Vollkommer, § 929 Rn 15.

(1) Zustellung der Ausfertigung

 

Rz. 70

Bei der Zustellung der Ausfertigung bzw. der beglaubigten Abschrift des Titels ist zu prüfen, ob die Ausfertigung des Titels alle gesetzlichen Anforderungen einer Ausfertigung erfüllt. Fehler der Ausfertigung schaden nicht nur bei der Zustellung der Ausfertigung selbst, sondern auch bei der Zustellung einer beglaubigten Abschrift der fehlerhaften Ausfertigung.

 

Rz. 71

Die grundsätzliche Form der Ausfertigung ist in § 49 BeurkG vorgegeben. Nach Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift besteht die Ausfertigung in einer Abschrift der Urschrift, die mit einem Ausfertigungsvermerk versehen ist. Weitergehend gilt für Urteile und Beschlüsse der Gerichte § 317 Abs. 4 ZPO. Danach muss die Ausfertigung vom Urkundsbeamte...

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