Rz. 432

Die Anschlussberufung verursacht aufgrund der Erhöhung des Gebührenstreitwerts weitere Kosten des Berufungsverfahrens. Wer innerhalb der einheitlich zu treffenden Kostengrundentscheidung die Kosten der Anschlussberufung zu tragen hat, hängt davon ab, in welcher Weise das Berufungsgericht über die Hauptberufung entscheidet. Wird im Berufungsurteil über die Haupt- und die Anschlussberufung entschieden, sind die Kosten je nach Erfolg der Rechtsmittel zu quoteln. Probleme können die Fälle bereiten, in denen die Hauptberufung unzulässig ist, zurückgenommen wird oder nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird.

aa) Unzulässigkeit der Hauptberufung

 

Rz. 433

Ist die Hauptberufung unzulässig und schließt sich der Berufungsbeklagte einer anfänglich unzulässigen Berufung an, trägt er gem. § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten der Anschlussberufung.[624]

[624] Vgl. BGH NJW 1981, 1790.

bb) Zurückweisung der Hauptberufung nach § 522 Abs. 2 ZPO

 

Rz. 434

Wird die Hauptberufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, wird häufig die Auffassung vertreten, dass die Kosten der Anschlussberufung wie bei der von Anfang an unzulässigen Berufung vom Berufungsbeklagten zu tragen seien.[625] Diese Auffassung ist im Hinblick auf die Fristgebundenheit der Anschlussberufung nicht überzeugend, wenn der Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO zum Zeitpunkt der Anschlussberufung noch nicht erfolgt ist. Sie ist umso weniger überzeugend, als ein Berufungsbeklagter durch die eingelegte Berufung sogar davon abgehalten sein kann, eine Wiederaufnahmeklage gem. §§ 578 ff. ZPO zu erheben, und ohne die Anschlussberufung in diesen Fällen riskieren würde, bei der Abänderungs- bzw. Wiederaufnahmeklage mit dem Vortrag präkludiert zu sein, der innerhalb der Anschlussberufungsfrist hätte geführt werden können. Die Kostentragungspflicht resultiert deshalb aus § 97 Abs. 1 ZPO (analog).[626] Nur wenn die Anschlussberufung selbst unzulässig ist, z.B. wegen Nichteinhaltung der Anschließungsfrist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO, oder wenn der Anschlussberufungsführer die wirkungslos gewordene Anschlussberufung weiterverfolgt und auf einer Entscheidung besteht, ist es gerechtfertigt, ihm die Kosten der Anschlussberufung aufzuerlegen.[627]

[625] Vgl. nur Musielak/Voit/Ball, § 524 ZPO Rn 31a m.w.N. zum Streitstand.

cc) Berufungsrücknahme vor Einlegung der Anschlussberufung

 

Rz. 435

Bei Berufungsrücknahme vor Einlegung der Anschlussberufung trägt der Berufungsbeklagte die Kosten der Anschlussberufung selbst dann, wenn ihm die Rücknahme der Hauptberufung nicht bekannt war.[628]

[628] Vgl. BGH NJW 1981, 1790.

dd) Berufungsrücknahme nach Einlegung der Anschlussberufung

 

Rz. 436

Bei Berufungsrücknahme nach Einlegung der Anschlussberufung übernimmt der Hauptberufungsführer gem. § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO auch die Kosten der Anschlussberufung.[629] Dies gilt auch, wenn dieser die Berufung nach einem Hinweis gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurücknimmt und die Anschlussberufung dadurch ihre Wirkung verliert.[630]

ee) Verwerfung oder Zurückweisung der Anschlussberufung

 

Rz. 437

Wird die Anschlussberufung gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig verworfen (z.B. wegen Nichtbeachtung der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO oder unzulässiger Parteierweiterung) oder gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, trägt der Berufungsbeklagte die Kosten analog § 97 Abs. 1 ZPO für die Anschlussberufung.[631] Der Berufungsbeklagte hat auch dann die Kosten seiner wegen der fehlenden Begründung in der Anschlussschrift gem. § 524 Abs. 3 S. 1 ZPO unzulässigen Anschlussberufung zu tragen, wenn der Berufungskläger seine Berufung zurücknimmt.[632]

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