Rz. 18

Zur Einstimmung auf das Erbschaftsteuerrecht des Pflichtteilsrechts mag folgendes einführende Beispiel dienen:

 

Beispiel

Der Steuerpflichtige S ist bei dem Tode seines Vaters V enterbt worden und hat daher von den Erben nur den Pflichtteil erhalten. Er meint, dass dieser Erwerb nicht steuerpflichtig sein dürfte, da er weder etwas geschenkt noch eine Erbschaft erhalten habe, also nicht der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegen dürfte. Hilfsweise will er wissen, ob eine Steuerpflicht auch für Pflichtteilsergänzungsansprüche gelte, wann die Steuer entstehe und ob sich die Steuerbelastung nicht durch gute Gestaltungen mindern lasse.

 

Rz. 19

Nach dem Wortlaut der Gesetzesbezeichnung scheint S zunächst Recht zu haben. Bei genauerem Hinsehen ist dies aber nicht der Fall. Denn das ErbStG erfasst auch vielfältige andere Erwerbe, die weder auf einer Erbschaft beruhen noch den Begriff einer Schenkung verwirklichen. Diese Tatbestände sind insbesondere in den §§ 3, 7 ErbStG geregelt. Dort findet sich auch eine Vorschrift, die die Besteuerung des Pflichtteilsanspruchs in seinen Besonderheiten regelt, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 ErbStG. Nach dieser Vorschrift gilt als Erwerb von Todes wegen i.S.d. ErbStG auch der Erwerb "aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs)". Diese zunächst schlicht und einfach wirkende Vorschrift wirft zahlreiche praktisch bedeutsame Fragen auf, die im Folgenden näher untersucht und mit Gestaltungsüberlegungen erläutert werden.

 

Rz. 20

Die nachfolgenden Ausführungen zum Pflichtteilsrecht betreffen seit der Reform des Lebenspartnerschaftsgesetzes nicht nur das Pflichtteilsrecht des Ehegatten und der Abkömmlinge oder Eltern, sondern auch den Pflichtteilsanspruch des eingetragenen Lebenspartners.[8] Der eingetragene Lebenspartner ist mit Wirkung ab dem 1.8.2001 der Steuerklasse I zugeordnet worden und steht damit im Rahmen des ErbStG den Ehegatten gleich.[9]

[8] Vgl. dazu Kaiser, FÜR 2005, 286.
[9] Als Konsequenz der Entscheidung des BVerfG v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, DStR 2010, 1721. Zur Übergangsregelung i.E. vgl. Halaczinsky, in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar ErbStG und BewG, § 15 ErbStG Rn 4.

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