Rz. 179

Schenkungen zwischen Geschwistern fallen gem. § 15 Abs. 1 ErbStG in die Steuerklasse II. Freibeträge werden nach § 16 Abs. 1 ErbStG lediglich i.H.v. 20.000 EUR gewährt. Der Eingangssteuersatz bei Schenkungen bis zu 75.000 EUR liegt nach § 19 Abs. 1 ErbStG bereits bei 15 % und bei Überschreiten eines schenkungsteuerlichen Wertes von 13 Mio. EUR bereits bei 35 %. Soweit möglich, sollten daher grundsätzlich reguläre unentgeltliche Übertragungen zwischen Geschwistern vermieden werden. Im Beispiel (siehe Rdn 174) galten nach Meinung des BFH bislang jedoch Besonderheiten.

 

Rz. 180

Die Besteuerung richtete sich nach Meinung des BFH nämlich trotz Zuwendung zwischen den Geschwistern nicht nach der Steuerklasse zwischen Geschwistern, also Steuerklasse II. Maßgeblich sei vielmehr das Verhältnis zwischen den Erblassern, auf deren Nachlass sich die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche beziehen, und dem die Zahlung empfangenden Kind. Damit richtet sich die Besteuerung nach der Steuerklasse I. "Der Verzicht auf Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegenüber einem anderen gesetzlichen Erben", meint der BFH,[241] "kann hinsichtlich der Steuerklasse vor Eintritt des Erbfalls nicht anders behandelt werden als nach Eintritt des Erbfalls. Beide Male geht es um die wertmäßige Teilhabe des Verzichtenden am Vermögen des Erblassers. Nach Eintritt des Erbfalls ist der Verzicht auf die noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsansprüche gegen Abfindung gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG 1974 nach der Steuerklasse zu bestimmen, die im Verhältnis zum Erblasser gilt."[242] Der Fall sei ebenso zu behandeln wie ein Erbverzicht (§ 2346 BGB) nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG, wenn die Abfindung für den erklärten Erbverzicht nicht vom Erblasser selbst gezahlt wird, sondern von einem Dritten.[243] Auch in diesem Fall sei das Verhältnis des Zahlungsempfängers und Verzichtenden zum Erblasser maßgeblich und nicht zu demjenigen, der die Ausgleichsleistung erbringe.[244] Mit der Kehrtwende der Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG (siehe Rdn 170) ist jedoch zu erwarten, dass der BFH in einer aktuellen Entscheidung nicht an dieser Einschätzung festhalten wird. Voraussichtlich wird auch in dem Fall des lebzeitigen Erbverzichts die Besteuerung nach dem Verhältnis der Geschwister untereinander (Freibetrag 20.000 EUR und Steuerklasse II) erfolgen. Dementsprechend stellt dies keine Gestaltung mehr dar, mit deren Hilfe sich eine Steuerbelastung verringern lässt.

[241] BFH v. 25.1.2001 – II R 22/98, DStR 2001, 434, 436 = ZErb 2001, 102; zustimmend Stöckel, NWB Fach 10, S. 1241, 1242.
[244] Ebenso zu § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG Moench, in: Moench/Weinmann, ErbStG, § 7 Rn 215; Meincke, ErbStG, § 7 Rn 108; Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 7 Rn 317 ff.

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