Rz. 70
Umstritten ist die Frage, ob in gesellschaftsvertraglichen Abfindungsverzichten eine Schenkung zugunsten der anderen Mitgesellschafter zu sehen ist.
Rz. 71
Ausgehend von dem Schenkungsbegriff der §§ 516, 517 BGB muss es sich hierbei um eine objektive Bereicherung der übrigen Gesellschafter handeln und es muss Einigkeit darüber bestehen, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Rz. 72
Fraglich ist in der Literatur, worin die Zuwendung bei einem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Abfindungsverzicht zu sehen ist. Teilweise wird vertreten, dass bereits der Abfindungsverzicht selbst ein Vermögensopfer im Sinne des Schenkungsbegriffs sei. Andere vertreten wiederum die Auffassung, dass der Kapitalanteil oder der Gesellschaftsanteil der Zuwendungsgegenstand sei.
Rz. 73
Ein weitaus größeres Problem ist aber die Frage der Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Erfolgt der Ausschluss des Abfindungsrechts nur für einzelne Gesellschafter, so ist nach h.M. von einer unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Den Erben steht dann insoweit ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Hierbei beginnt die Frist des § 2325 Abs. 3 S. 1, 2 BGB nach der Rechtsprechung des BGH erst mit dem Tod des Gesellschafters zu laufen, da erst ab diesem Zeitpunkt eine Beeinträchtigung des Vermögens des Erblassers vorliegt.
Rz. 74
Erfolgt der Ausschluss hingegen für alle Gesellschafter einheitlich, so wird von der h.M. ein Schenkungstatbestand mit der Begründung abgelehnt, dass es sich hierbei aufgrund der Chance, einen anderen Gesellschaftsanteil zu erwerben unter Inkaufnahme des Risikos, den eigenen Anteil zu verlieren, um ein entgeltliches Geschäft handelt.
Rz. 75
Ein Anspruch auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht somit nach h.M. nur dann, wenn der Abfindungsausschluss nicht für alle Gesellschafter insgesamt gilt.
Rz. 76
Schwierig ist auch die Frage zu bewerten, ob die Übertragung von Gesellschaftsanteilen zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen kann. Nach überwiegender Ansicht ist der Eintritt in eine Personengesellschaft grundsätzlich keine unentgeltliche Zuwendung, auch dann nicht, wenn die Aufnahme des Gesellschafters zu besonders günstigen Konditionen erfolgte oder der neue Gesellschafter überhaupt keine Einlage erbringt. Begründet wird dies damit, dass der eintretende Gesellschafter durch die Übernahme von Pflichten, durch die Erbringung seiner Arbeitskraft und durch das Haftungsrisiko eine entsprechende Gegenleistung übernehme.
Der BGH hat in der zitierten Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass beim Vorliegen besonderer Umstände die Annahme einer gemischten Schenkung gerechtfertigt sein könne. Erfolgt die Aufnahme lediglich als sogenannter "stiller Gesellschafter" ohne Haftungsübernahme und ohne Arbeitsverpflichtung, dann könne eine Unentgeltlichkeit gegeben sein. Bei der Feststellung, ob eine Unentgeltlichkeit vorliegt, sei demnach die gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklausel zu berücksichtigen. Auch die Vereinbarung eines Abfindungsausschlusses dürfe hierbei nicht unberücksichtigt bleiben. In Höhe des unentgeltlichen Teils könne es dann zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen kommen.
Rz. 77
Für die Praxis ergibt sich hieraus, dass eine pauschale Bewertung der Problematik nicht möglich ist und dass je nach Einzelfall gesondert zu prüfen ist, ob nicht eine unentgeltliche Zuwendung vorliegt.
Rz. 78
Gegen die Ansicht des BGH wird in der Literatur angeführt, dass die Verpflichtung zur Geschäftsführung sowie die Übernahme der Haftung untrennbar mit der Rechtsposition des persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft verbunden ist und daher nicht als Entgelt für die Einräumung einer Mitgliedschaft gesehen werden könne. Bei Zuwendung eines Anteils an einer (gesunden) Gesellschaft könnten sich die von der h.M. als Gegenleistungen qualifizierten Gesichtspunkte somit lediglich in der Bewertung des Anteils niederschlagen.